Ernährung Zu viel Süßigkeiten und Ungesundes am Schulkiosk

Düsseldorf · NRW-Ministerin sieht Verbesserungsbedarf und nimmt die Kommunen als Schulträger in die Pflicht. Auch die Eltern sind gefragt.

 Süßigkeiten spielen im Schulalltag eine große Rolle.

Süßigkeiten spielen im Schulalltag eine große Rolle.

Foto: dpa

Übergewichtige und fettleibige Kinder in Vielzahl, jedes siebte Kind ist deutlich zu dick – das sagt eine Studie des Robert-Koch-Instituts. Die Weltgesundheitsorganisation beklagt eine „erschütternde Veränderungsrate“ – aber an deutschen Schulen sind am Schulkiosk vor allem Schokolade, Gummibärchen, Muffins, Croissants, Donuts, Eis und Pizza zu kaufen.

Das Verbraucherschutzministerium in NRW um Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hat die Problematik erkannt: „Im Speisenangebot an den Schulkiosken sieht das Verbraucherschutzministerium durchaus Verbesserungsbedarf“, teilt ein Sprecher mit, macht aber deutlich, dass die Landesregierung „aus rechtlichen Gründen“ nicht mit Verboten eingreifen könne: „Die Schulverpflegung ist in erster Linie Sache der Kommunen in ihrer Funktion als Schulträger.“ Daher seien Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern und den schulischen Akteuren gefordert, sich auf ein „gesundheitsförderliches wie schmackhaftes Sortiment eines Schulkiosks zu verständigen“. Heißt: Was angeboten wird, hängt zuletzt auch vom Engagement und Interesse der Schulleitung ab. Jede Schule, sagt Günter Wältermann, Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg, brauche ein „Gesamtkonzept zur Gesundheit“. Heißt zum Beispiel: Keine „unnötigen Zuckerfallen wie Softdrinks“.

Ohne Frühstück zum Unterricht

Im Normalfall vergibt der Schulträger den Schulkiosk als Verpflegungsstation an einen privaten Betreiber, oft ist es der Hausmeister. Und der bietet zuerst das an, was ihm in einem ohnehin wenig lukrativen Business Umsatz garantiert. „Müsli, Obst oder Veganes, das klingt gesund, kauft aber kaum ein Schüler“, sagt ein privater Schulkiosk-Betreiber aus unserer Region. Stattdessen gehen Schokoriegel, Cola und Kuchen über den Ladentisch. Oft stellen Eltern ihren Kindern das Geld für solche Verpflegung täglich zur Verfügung. Falsch – findet das Verbraucherschutzministerium: Gesunde Ernährung beginne zu Hause. „Viele Kinder kommen ohne gefrühstückt zu haben und ohne Pausen-Mahlzeit in die Schule. Wer Kindern nur Geld für den Schulkiosk mitgibt, gibt auch die Ernährungsbildung ein Stück weit aus der Hand“, sagt ein Ministeriumssprecher.

Neues Konzept vorgestellt

Die Verbraucherzentrale NRW will die Schulträger zu ausgewogener Ernährung bewegen. Am Montag wurde in Duisburg ein Konzept für so genannte Power-Snacks vorgestellt, die ungesunde „Sattmacher“ ersetzen sollen. Als erfolgreich habe sich erwiesen, wenn über die Schulkonferenz Eltern, Lehrer, Schüler und Träger an einem ausgewogenen und attraktiven Ernährungsplan zusammenarbeiten. „Dann steigt Akzeptanz. Das heißt nicht, dass es gar keine Süßigkeiten mehr gibt“, sagt Ursula Tenberge-Weber von der Verbraucherzentrale. „Es ist eine Frage des Verhältnisses.“ LandesschülerInnenvertreterin Marlene Bücker plädiert für Aufklärungsarbeit im Unterricht. „Dort müssen Schüler lernen, dass der Apfel vor der Klausur besser ist als die Schokolade“, sagt sie und findet zugleich, dass Schulen mit der Aufgabe überfordert seien. Und: „Verbote sind sicher nicht richtig. Es geht um Maß.“ Stephan Behlau vom Verband Bildung und Erziehung ermahnt die Politik zu mehr Gestaltung: „Ziel sollte es sein, ein kostenloses gesundes Schulessen für alle anzubieten.“

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