Wulff legt Fragen und Antworten zu seiner Affäre vor

Berlin (dpa) - Sechs Wochen nach Beginn seiner Kredit- und Medienaffäre hat Bundespräsident Christian Wulff jetzt Fragen von Journalisten und Antworten seiner Anwälte darauf dokumentiert. 240 Seiten wurden ins Netz gestellt.

Er folgt damit der Forderung nach mehr Transparenz und Offenheit.

Die Staatsanwaltschaft in Stuttgart teilte unterdessen mit, wegen des umstrittenen Hauskredits der BW-Bank für Wulff keine Ermittlungen einzuleiten. Aber es gibt neue Vorwürfe - und Streit im Landtag von Hannover

Das von Wulffs Anwälten vorgelegte Material (http://pdf.redeker.de/) enthält zum Teil seitenlange Anfragen zu Wulffs 500 000-Euro-Kredit, seinen Urlaubsreisen und anderen Themen. Etliche Fragen beziehen sich auf die Mitnahme befreundeter Geschäftsleute auf Auslandsreisen des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten, viele auch auf seine Kontakte zu dem Unternehmer Carsten Maschmeyer.

Die Veröffentlichung war von Wulffs Anwälten zunächst aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Mehrere Zeitungen entbanden Wulff dann aber von der Pflicht, ihre Recherche-Ergebnisse zu schützen. Nach Angaben von Rechtsanwalt Gernot Lehr sind personenbezogene Angaben und Fragenkomplexe, die Persönlichkeitsrechte verletzten könnten, auf den Seiten geschwärzt.

Lehr betonte, die Tatsache, dass von mehreren Redaktionen keine oder nur eingeschränkte Zustimmung zur Veröffentlichung vorlägen, mache deutlich, wie richtig die Entscheidung Wulffs gewesen sei, für die Veröffentlichung eine Zustimmung zu fordern. Die Anwälte betonen, Wulff habe sie am 13. Januar beauftragt, die Anfragen und Antworten der Medien zu veröffentlichen, die dies freigegeben hätten.

Seit dem 16. Dezember wurden mehr als 500 Einzelfragen beantwortet, in einigen Fällen telefonisch. Bei einigen Fragen hätten die Anwälte die Beantwortung abgelehnt, weil sie den Kernbereich des Privat- und Familienlebens Wulffs betrafen und ohne Zusammenhang zu seiner Amtstätigkeit gewesen seien.

Uneingeschränkte Zustimmungserklärungen lagen demnach von den Redaktionen der „Bild“, der „Stuttgarter Zeitung“, der „Süddeutschen Zeitung“, der „Rheinischen Post“, der „Financial Times Deutschland“, der Wochenzeitung „Die Zeit“ und des Norddeutschen Rundfunks vor. Die DuMont-Redaktionsgemeinschaft („Frankfurter Rundschau“, „Berliner Zeitung“, „Kölner Stadtanzeiger“, „Mitteldeutsche Zeitung“) habe eine weitreichende, aber thematisch eingeschränkte Zustimmungserklärung abgegeben. Einige Medien hätten ihre Zustimmung an Bedingungen geknüpft oder eingeschränkt. „Die Welt“ habe bestimmte Fragen ausdrücklich unter dem Vermerk „vertraulich“ gestellt.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wird wegen des umstrittenen Geldmarktdarlehens bei der BW-Bank keine Ermittlungen gegen Wulff oder Verantwortliche des Geldhauses einleiten. Anhaltspunkte „für die Bejahung eines Anfangsverdachts sind nicht ersichtlich“, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Wulff hatte Anfang 2010 als niedersächsischer Ministerpräsident einen Privatkredit der befreundeten Unternehmergattin Edith Geerkens in ein sogenanntes kurzfristiges Geldmarktdarlehen bei der BW-Bank umgewandelt. So löste er die Schuld bei Geerkens ab, die ihm 2008 eine halbe Million Euro für einen Hauskauf im niedersächsischen Burgwedel bei Hannover geliehen hatte.

Wegen der günstigen Konditionen des Darlehens - die Zinsen lagen zwischen 0,9 bis 2,1 Prozent - hatte es 19 Anzeigen gegeben. Diese richteten sich nicht nur gegen Verantwortliche der BW-Bank, sondern auch gegen Wulff selbst. Dabei ging es um den Verdacht auf Untreue, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung.

In Wulffs Heimat Niedersachsen warfen SPD, Grüne und Linke der schwarz-gelben Landesregierung von Ministerpräsident David McAllister (CDU) im Landtag vor, die Aufklärung der Vorwürfe zu behindern. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel zeigte sich überzeugt, dass Wulff mit der Aufnahme des 500 000-Euro-Kredites bei Edith Geerkens gegen das Ministergesetz verstoßen hat: „Die Kardinalfrage, ob der ehemalige Ministerpräsident das Gesetz gebrochen hat, ist aus unserer Sicht eindeutig mit Ja zu beantworten.“

Im Landtag hatte Wulff geschäftliche Beziehungen zu Egon Geerkens verneint und den Kredit auch nicht erwähnt. Nach Ansicht der Opposition hat Wulff mit dem Darlehen möglicherweise gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen. Die Landesregierung sieht in dem Kredit indes ein reines Privatgeschäft.

Unterdessen wurden neue Vorwürfe über Sonderkonditionen von befreundeten Geschäftsleuten laut, die von Wulffs Anwälten umgehend dementiert wurden. Es geht um ein Auto für seine Frau Bettina. Nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ (Mittwoch) soll die Frau des Bundespräsidenten Ende Dezember für einen Audi Q 3 von einem Berliner Autohaus „einen VIP-Vertrag mit sehr günstigen Leasing-Konditionen“ bekommen haben. Wulffs Anwalt Gernot Lehr bestreitet dies. Es habe keinen „Prominentenrabatt“ gegeben.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung hat der Bundespräsident einen geplanten Besuch auf dem Weltwirtschaftsforum Ende Januar in Davos abgesagt. Das Präsidialamt habe dafür terminliche Gründe angeführt. Laut „Bild“ wollte Wulff am Eröffnungstag des hochkarätig besetzten Treffens unter anderem mit Spitzenvertretern deutscher Industrieunternehmen zusammentreffen. Das Bundespräsidialamt äußerte sich dazu auf Anfrage zunächst nicht.

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