Windenergie Windräder: Noch ein paar stürmische Jahre vor der Flaute

27.000 Windräder stehen schon in Deutschland - Zubau erreichte 2016 nicht nur im Norden fast Rekordniveau

Windräder mit einer Höhe von bis zu 200 Metern in einem Windpark östlich von Parchim (Mecklenburg-Vorpommern).

Windräder mit einer Höhe von bis zu 200 Metern in einem Windpark östlich von Parchim (Mecklenburg-Vorpommern).

Foto: Jens Büttner

Berlin. Es ist vielleicht eine kleine Torschlusspanik: In Deutschland werden zurzeit massenhaft Windräder aufgestellt. Mit einer neu installierten Leistung von 4.625 Megawatt, verteilt auf 1.624 Anlagen liegt die Bilanz des letzten Jahres nur ganz knapp hinter dem Rekordjahr 2014. Für 2017 wird sogar ein Allzeithoch erwartet; 6.100 Megawatt Neubauvolumen sind bereits genehmigt. Spätestens ab 2018 aber erwartet die Branche einen deutlichen Dämpfer.

Insgesamt drehen sich in Deutschland jetzt 27.270 Windräder, davon jedes fünfte in Niedersachen. Dort kamen allein im letzten Jahr 312 dazu, gefolgt von Schleswig-Holstein (plus 217), Nordrhein-Westfalen (plus 211) und Brandenburg (plus 173). Auf dem fünften Platz liegt beim Zubau erstaunlicherweise Baden-Württemberg mit 124 neuen Anlagen. Das ist mehr als eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Die Politik der von den Grünen geführten Landesregierung macht sich jetzt bemerkbar. Freilich kommt man von einem sehr niedrigen Niveau. Bundesweites Schluss- und Sorgenkind der Branche ist weiterhin Sachsen, wo die Widerstände gegen die Windenergie immer groß waren und sich insgesamt nur 880 Räder drehen. Lediglich zwölf kamen im letzten Jahr dazu.

Bayern lag mit 124 Neubauten im letzten Jahr auf Platz Sechs - wohl zum letzten Mal. Künftig müssen die Anlagen dort nämlich einen Abstand des zehnfachen ihrer Höhe von Siedlungen einhalten, was die Zahl der Genehmigungen stark verringern dürfte. Denn das kann leicht ein Mindestabstand von zwei Kilometer sein. Die in 2016 gebauten Windräder hatten eine Nabenhöhe von durchschnittlich 128 Meter und einen Rotordurchmesser von 109 Meter. Macht 182 Meter bis zur Rotorspitze - höher als der Kölner Dom (157 Meter). Die maximale Gesamtleistung aller Anlagen beträgt jetzt fast 46.000 Megawatt - auf dem Papier. Weil der Wind nicht immer bläst, lag die reale Stromausbeute im Jahresmittel bei nur 17 Prozent der Kapazität. In den Wintermonaten geht das bis 30 Prozent hoch, in den Sommermonaten bis zehn Prozent runter. Insgesamt trug der an Land erzeugte Windstrom mit elf Prozent zur Deckung des Gesamtstrombedarfs bei.

Ab 2019 flaut der Zubauwind deutlich ab - die Politik hat der Branche nämlich nur noch 2900 Megawatt Neuanlagen pro Jahr bewilligt, für die die Baugenehmigungen nach einem Bieterverfahren erteilt werden. Wer die geringsten Stromkosten nachweisen kann, bekommt den Zuschlag. Weil ab 2020 immer mehr unrentable Altanlagen vom Netz gehen werden, könnte es nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie mittelfristig sogar zu einem Rückgang der Windenergie in Deutschland kommen, denn die vorgegebenen Neubaukontingente reichten zu Kompensation nicht aus. Vor allem nicht in Norddeutschland, wo die wegen der Engpässe beim Stromnetz speziell zugewiesene Höchstmenge von 902 Megawatt klar unter den 1.555 Megawatt liegt, die bisher dort jährlich errichtet wurden. Sorgen um die inzwischen 135.000 Arbeitsplätze hat die Branche gleichwohl nicht. In Asien und in anderen europäischen Ländern wächst die Windkraft weiter deutlich, und man hofft, auch künftig dort Geld verdienen zu können. Schon jetzt machen die Exporte etwa 70 Prozent des Jahresumsatzes der deutschen Windanlagenhersteller von rund zwölf Milliarden Euro aus.

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