Analyse Wie Sicherheitsbehörden Handys überwachen können

Ermittler setzen immer häufiger „stille SMS“ und andere Maßnahmen ein. Die Betroffenen merken davon in der Regel nichts.

 Wichtiges Hilfsmittel für Ermittler und Sicherheitsbehörden: ein Funkmast fürMobilfunknetze. Foto: Jens Büttner/dpa

Wichtiges Hilfsmittel für Ermittler und Sicherheitsbehörden: ein Funkmast fürMobilfunknetze. Foto: Jens Büttner/dpa

Foto: Jens Büttner

Berlin. Die deutschen Sicherheitsbehörden nehmen immer öfter Handys von Verdächtigen ins Visier. So verschickte der Verfassungsschutz im ersten Halbjahr 2018 etwas mehr als 103 000 „stille SMS“ zur Ortung von Handys — fast doppelt so viele wie vor vier Jahren. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Fragen und Antworten zu dieser Überwachungsmethode:

Moderne Smartphones können mit Hilfe von Satellitennavigationssystemen wie GPS oder Glonass ihre eigene Position sehr präzise feststellen. Ermittler haben aber in der Regel keinen Zugriff auf diese Daten, sondern orten die Handys im Funknetz.

Solange sich ein Mobiltelefon im Stand-by-Modus befindet, weiß der Provider nur grob, in welcher Gegend („Location Area“) sich ein Gerät befindet. Dieser Bereich kann mehrere Quadratkilometer und viele Funkstationen umfassen. Um den Standort genauer bestimmen zu können, senden die Sicherheitsbehörden eine „stille SMS“ an das Handy. Der Empfang der SMS bewirkt eine Rückmeldung des Mobiltelefons bei der Funkzelle. Der Provider sieht damit, in welcher Funkzelle genau das Telefon eingebucht ist und kann diese Information an die Behörden weiterreichen.

Nein, eine „stille SMS“ wird nicht im Display angezeigt und löst auch kein akustisches Signal aus. Für Android-Smartphones kann man allerdings unter bestimmten technischen Voraussetzungen mit Apps wie SnoopSnitch auch die „stillen SMS“ erkennen.

Nein, das Mobiltelefon muss eingeschaltet und mit einer gültigen SIM-Karte im Netz eingebucht sein. Wenn sich ein Mobiltelefon im „Flugmodus“ befindet, kann es auch nicht mit einer SMS „angepingt“ werden.

Ja, wenn in kurzen zeitlichen Abständen „stille SMS“ gesendet werden, sieht man relativ genau, wo sich das Handy jeweils befindet. Die Ortung ist zwar nicht so exakt wie bei GPS, reicht aber häufig für die Ermittler aus.

Beim Bundeskriminalamt wurde das Überwachungsinstrument im ersten Halbjahr 2018 fast 31 000 Mal verwendet, bei der Bundespolizei knapp 38 000 Mal. Die Zahlen von Zoll und Bundesnachrichtendienst wurden von der Regierung als geheim eingestuft und nicht veröffentlicht.

Es gibt keine gesetzliche Norm in Deutschland, die nach ihrem Wortlaut den Einsatz von „stillen SMS“ in Ermittlungsverfahren erlaubt. In der Strafprozessordnung sind allerdings im Paragraf 100i die erlaubten technische Ermittlungsmaßnahmen bei der Ermittlung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung festgeschrieben. Dazu gehört auch die Ortung der Handys.

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