Westerwelle warnt vor neuer Gewalt im Kosovo

Pristina (dpa) - Außenminister Guido Westerwelle hat im Kosovo vor weiteren Gewaltexzessen gewarnt.

„Es kann jederzeit wieder aufflackern, das darf man nicht unterschätzen“, sagte der FDP-Politiker beim Besuch eines Grenzpostens, der vor zwei Wochen von rund 200 Serben mit Brandbomben und Granaten angegriffen und zerstört worden ist. Die Ausschreitungen im Juli hätten „sehr schnell zu einem Flächenbrand werden können“.

Westerwelle war der erste hochrangige EU-Politiker, der sich seit der Eskalation des Grenzkonflikts ein Bild von der Lage vor Ort machte. Bei den Ausschreitungen im Grenzgebiet war ein kosovarischer Polizist getötet worden. Seitdem kontrolliert die internationale Schutztruppe KFOR die Grenze. Westerwelle ließ sich den zerstörten Grenzposten „Gate 1“ bei Jarinje vom deutschen KFOR-Kommandeur Erhard Bühler zeigen.

Nach dessen Angaben beteiligten sich 200 vermummte und mit Maschinenpistolen, Granaten und Brandbomben schwer bewaffnete Serben an dem Angriff am Abend des 27. Juli. Mit einem Bulldozer stürzten sie Teile des Grenzpostens in die Schlucht. Container und Autos wurden angezündet; es kam zu einem Schusswechsel mit polnischen KFOR-Soldaten. „Das ist ein weiteres Zeichen dafür, wie gefährlich und wie fragil die Situation ist“, sagte Westerwelle.

Inzwischen hat sich die Lage an der Grenze beruhigt. Eine von Bühler vermittelte Übergangslösung in dem Konflikt um Handelsblockaden und Zollfragen wird von den Regierungen in Belgrad und Pristina mitgetragen. Die serbische Minderheit im Kosovo hat sich aber noch nicht zur Zustimmung durchringen können. Bühler zeigte sich trotzdem optimistisch, dass der Kompromiss umgesetzt wird und der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo Anfang September wieder aufgenommen werden kann.

Westerwelle rief Serbien und das Kosovo zu einer baldigen Lösung auf und betonte die Bedeutung des Problems für ganz Europa. „Hier geht es um den Frieden in Europa“, sagte er nach einem Treffen mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Hashim Thaci in Pristina. Die Zeit gewaltsamer Auseinandersetzungen entlang ethnischer Linien in Europa müsse zu Ende sein. „Das ist unser Kernanliegen.“

Das Kosovo ist seit 2008 ein unabhängiger Staat, Serbien will ihn aber unter keinen Umständen anerkennen und die abtrünnige Provinz möglichst wieder eingliedern. Die Bevölkerung im Kosovo ist zu mehr als 90 Prozent albanisch, im Norden des Landes gibt es allerdings eine serbische Mehrheit. Die Regierung in Pristina hat auf dieses Gebiet kaum Einfluss.

Sowohl Serbien als auch das Kosovo streben in die EU. Serbien hofft darauf, noch in diesem Jahr Kandidatenstatus zu erlangen. In der EU gibt es keine einheitliche Haltung in der Kosovo-Frage. Von den 27 Mitgliedern haben nur 22 die Unabhängigkeit anerkannt, darunter Deutschland. Die unter EU-Vermittlung laufenden Gespräche zwischen Serbien und Kosovo sind auf Eis gelegt.

Im Kosovo schließt Westerwelle seine dreitägige Balkanreise ab. Die ersten Stationen waren Montenegro und Kroatien. Die serbische Hauptstadt Belgrad stand nicht auf seinem Reiseprogramm. Dorthin will Bundeskanzlerin Angela Merkel in zwei Wochen reisen.

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