Wehrbeauftragter sieht Führungsmängel bei Bundeswehr

Berlin (dpa) - Bundeswehraffären und Spardiktat: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird von allen Seiten in die Mangel genommen. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP) prangert erhebliche Mängel bei der Bundeswehr an - unter anderem im Verhalten von Führungskräften.

Guttenberg wehrt sich erneut gegen Kritik in der „Gorch Fock“-Affäre. Dazu kommt: Die CDU setzt Guttenberg mit Sparforderungen unter Druck. Das Kanzleramt sieht die Pläne zum Umbau der Bundeswehr und seines Ministeriums laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ kritisch. Voller Rätsel bleibt die Feldpost-Affäre.

Der sei vergangenem Jahr amtierende Wehrbeauftragte des Bundestags kritisierte am Dienstag in seinem ersten Bericht, vor allem jungen Mannschaftsdienstgraden und unerfahrenen Vorgesetzten fehle es bisweilen an Wissen und Gespür dafür, „wann die Grenzen zum Dienstvergehen beziehungsweise zur Straftat überschritten werden“. Königshaus sprach auch von einer Häufung von Unfällen in der Ausbildung, vor allem beim Waffenreinigen. Er bekräftigte seine Kritik an Ausrüstungsmängeln in Afghanistan. Den Vorwurf, er sei von seiner Partei - der FDP - gegen Guttenberg aufgehetzt worden, wies Königshaus als „absurd“ zurück.

Guttenberg wandte sich gegen den Vorwurf, dass er den Kommandeur des Schulschiffs „Gorch Fock“ ohne Befragung abgesetzt hat. Das Schiff war nach dem tödlichen Unfall einer 25 Jahre alten Offiziersanwärterin und Berichten über angebliche Meuterei in die Schlagzeilen geraten. Guttenberg sagte in der CDU/CSU-Fraktionssitzung nach Teilnehmerangaben, Kapitän Norbert Schatz sei am vergangenen Freitag von Marine-Inspekteur Axel Schimpf angehört worden. Der Bundeswehrverband hatte moniert, der Kapitän sei nicht befragt worden. Königshaus verteidigte die Absetzung des Kommandeurs.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte Guttenberg in der Fraktion nach Teilnehmerangaben ihre „vollste Unterstützung“ zu. Guttenberg war wegen der „Gorch Fock“-Affäre, geöffneter Feldpost und einem Unfall mit Todesfolge in Afghanistan in Kritik geraten. Linke-Chef Klaus Ernst bezeichnete Guttenberg als „Minister auf Abruf“. „Er hat keine weiße Weste mehr.“

In der Union bahnt sich ein Streit um den Sparkurs der Regierung an. Unionsfraktions-Geschäftsführer Peter Altmaier (CDU) pochte darauf, dass auch Guttenberg sparen müsse. „Die Fraktion steht voll und ganz hinter Finanzminister Wolfgang Schäuble.“ Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete über Unmut im Kanzleramt, weil voraussichtlich das Ziel nicht eingehalten werde, bis 2014 mehr als 8 Milliarden Euro im Bundeswehretat einzusparen. Beim Personalabbau werde die Leitungsebene im Ministerium nur unzureichend gestrafft, heiße es in einer Vorlage für Merkel. Deutlich mehr Standorte müssten geschlossen werden, als Guttenberg in Aussicht gestellt habe.

Merkel nannte die Bundeswehrreform in der CDU/CSU-Fraktion laut Teilnehmerangaben ein riesiges Vorhaben, soll auf die Finanzierungsprobleme aber nicht eingegangen sein. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte vor einer Bundeswehrreform nach Kassenlage. Der CDU-Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck forderte im Deutschlandradio Kultur eine Sonderrolle für die Verteidigung. Guttenberg hatte früh deutlich gemacht, dass er keine 8 Milliarden Euro einsparen kann, wenn die Bundeswehr von 235 000 auf 185 000 Soldaten verkleinert wird.

Die Öffnung der Feldpostbriefe aus Afghanistan bleibt rätselhaft. Auch auf dem Postweg in Deutschland hätten die Ermittler keine Fehler feststellen können, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Anfrage. Bei der Postbeförderung in Afghanistan waren ebenfalls keine Mängel festgestellt worden. Der Wehrbeauftragte sprach von einer systematischen Öffnung. Er widersprach damit der Einschätzung einer ersten Untersuchung der Bundeswehr.

Die Marine schickt ein Ermittlerteam mit drei Juristen zur Untersuchung der Vorfälle auf die „Gorch Fock“. Das siebenköpfige Team unter Leitung des Chefs des Marineamtes, Konteradmiral Horst-Dieter Kolletschke, wird in der Nacht zum Freitag in Ushuaia in Südargentinien erwartet, sagte ein Marine-Sprecher. Dort liegt die „Gorch Fock“ auf Reede. Wann sie nach Deutschland zurückkehrt, ist offen.

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