Viele SPD-Gegenstimmen beim Asylpaket II

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat das Asylrecht verschärft. Mit etlichen Gegenstimmen - der Linken, der Grünen, aber auch aus der SPD - beschloss das Parlament am Donnerstag das Asylpaket II.

Viele SPD-Gegenstimmen beim Asylpaket II
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Ziel ist es, nach dem großen Andrang der vergangenen Monate die Zahl der Flüchtlinge im Land zu reduzieren. Einhellig stimmten die Koalitionäre für eine erleichterte Ausweisung krimineller Ausländer. Sie reagierten damit auf die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht.

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Unterdessen steuert die Stimmung in der Koalition auf einen neuen Tiefpunkt zu. Die CSU hatte die mit der SPD bereits ausgehandelten Kompromisse zu Arbeitsmarktreformen und Erbschaftsteuer überraschend auf Eis gelegt. „Die CSU zerstört die Geschäftsgrundlage des Koalitionsvertrages, wenn sie zwei in der Koalition ausverhandelte Gesetzentwürfe aus sachfremden Motiven blockiert“, kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.

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Sein Parteichef Sigmar Gabriel hielt der CSU vor, dem Ansehen der ganzen Regierung zu schaden, weil diese handlungsunfähig erscheine. Die CSU wies die Vorwürfe zurück. Oppermann veranstalte „politisches Kabarett“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der dpa: „Fakt ist: Die CSU ist an guten Ergebnissen der Koalition für Deutschland interessiert.“ Alles, was Wirtschaft und Arbeitsplätzen nutze, müsse im Vordergrund stehen.

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Der Abstimmung im Bundestag zum Asylpaket ging eine heftige Debatte voraus. Regierung und Opposition stritten darüber, wie viele Flüchtlinge Deutschland aufnehmen kann und was zu tun ist, um deren Integration zu gewährleisten. Gabriel sagte bei einer SPD-Konferenz mit Kommunalpolitikern, die Zahlen müssten drastisch auf 500 000 pro Jahr gesenkt werden. Mit Blick auf die schwierige Integration meinte er: „Wir schaffen auf Dauer auch nicht 500 000.“

Nach Ansicht des Vizekanzlers ist der Zustand der Europäischen Union im Augenblick „zum Schreien“. Von 28 EU-Staaten nähmen 23 nicht einen einzigen Flüchtling auf. Grenzschließungen wie auf dem Balkan seien keine Lösung: „Der Plan B ist Scheiße, weil er nicht funktioniert“, sagte Gabriel.

Der von Flüchtlingshelfern scharf kritisierte Gesetzentwurf sieht Schnellverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen und eine Einschränkung des Familiennachzugs für Zuwanderer mit niedrigerem Schutzstatus für zwei Jahre vor. Außerdem soll es schwieriger werden, mit einem ärztlichen Attest eine Abschiebung zu verhindern.

Für das Asylpaket II sprachen sich 429 Abgeordnete aus. 147 Parlamentarier stimmten dagegen. Alle anwesenden Abgeordneten von Grünen (61) und Linken (55) stimmten geschlossen gegen das Gesetzespaket. In der CDU/CSU-Fraktion gab es 287 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme, 22 Unionsabgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil. Bei der SPD waren es 142 Ja-Stimmen, 30 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen, 17 Politiker gaben keinen Stimmzettel ab. Das Asylpaket muss an diesem Freitag noch den Bundesrat passieren. Das Gesetz ist aber nicht zustimmungspflichtig.

In der Debatte warben Politiker von Union und SPD für eine Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte, dies müsse „effektiv genutzt“ werden. Die Zahl der Abschiebungen aus Baden-Württemberg habe sich 2015 verdoppelt. Noch mehr Menschen ohne Aussicht auf Asyl seien nach einer Beratung freiwillig ausgereist.

Die Linken-Politikerin Heike Hänsel nannte es einen Skandal, „sich zu brüsten, welches Bundesland am besten und am meisten abschiebt“. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt kritisierte vor allem die Pläne zum Familiennachzug. Sie fragte: „Was sagt der 14-Jährige jetzt seiner Mutter am Telefon? „Ihr könnt nicht nachkommen?““

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) will in diesem Jahr rund 1,2 Millionen Asylentscheidungen treffen. Das kündigte BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise an. Die deutsche Wirtschaft will Flüchtlinge mit einem groß angelegten Aktionsprogramm als Arbeitskräfte gewinnen - dafür stünden 20 Millionen Euro in diesem Jahr bereit, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer.

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