Verfassungsrichter fordern mehr Geld für Professoren

Karlsruhe (dpa) - Professoren in unteren Gehaltsgruppen müssen mehr Geld verdienen. Das Bundesverfassungsgericht kippte eine Besoldungsregelung aus Hessen. Diese Regelung sei verfassungswidrig, da sie Hochschullehrern keinen angemessenen Lebensunterhalt ermögliche.

Die Bezahlung von Professoren war 2005 bundesweit neu geregelt worden (Az. 2 BvL 4/10) und liegt in der Kompetenz der Länder, auf die jetzt gegebenenfalls Mehrausgaben zukommen. Der Bund will sich daran nicht beteiligen.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) forderte die Länder auf, das Urteil rasch umzusetzen und junge Hochschullehrer besser zu bezahlen. Die Zahl der Studierenden und der Bedarf an Lehrpersonal steige. „Deshalb ist es so wichtig, dass gerade junge Professoren besser bezahlt werden als heute“, sagte Schavan der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). Andernfalls bestehe die Gefahr, „dass sich nicht genügend Nachwuchswissenschaftler für den Hochschullehrerberuf entscheiden“.

Mit dem Urteil stärken die Richter das Recht von Beamten auf angemessene Bezahlung. Nach dem sogenannten Alimentationsprinzip müsse der Staat seinen Beamten einen „angemessenen Lebensunterhalt“ gewähren. 2005 hatte der Gesetzgeber die Besoldung von Professoren reformiert: Die sogenannte W-Besoldung (W wie Wissenschaft) erlaubt es, neben einem Grundgehalt noch Leistungszulagen zu zahlen. Dafür ist das Grundgehalt niedriger als vorher.

Ein Chemieprofessor aus Marburg war mit Unterstützung des Deutschen Hochschulverbandes gegen die Neuregelung vor Gericht gezogen. Die Verfassungsrichter ließen von der Besoldungsgruppe W 2 nicht viel übrig: Die Regelung entspreche „in ihrer Gesamtkonzeption“ nicht den Anforderungen an eine angemessene Bezahlung. Das Land Hessen muss nun bis Jahresende die Bezahlung korrigieren - andere Bundesländer, die auch nicht mehr bezahlen, dürften gleichfalls betroffen sein.

Der Präsident des Deutschen Hochschulverbands Bernhard Kempen sagte, es sei „ein guter Tag für die deutsche Wissenschaft“. Die Entscheidung bedeute, dass insbesondere junge Wissenschaftler mit besserer Bezahlung rechnen könnten. „Es muss deutlich mehr Geld in das System“, sagte Kempen. „Wir haben jetzt schon 2,4 und wir werden bald 2,7 Millionen Studierende haben, und das wird auch dauerhaft so bleiben. Ich glaube, dass die Investition in Köpfe eine gute Investition ist.“

Zumindest die in Hessen gezahlte Besoldung sei „evident unzureichend“, entschieden die Richter des Zweiten Senats mit einer Mehrheit von 6:1 Stimmen. Das Gehalt eines Professors in der Besoldungsgruppe W2 entspreche etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberstudienrats. Das Grundgehalt reiche nicht aus, „um dem Professor nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen“, heißt es zur Begründung des Urteils. Dies werde auch nicht durch die möglichen Leistungszulagen ausgeglichen.

Die hessische Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) will weiter auf leistungsbezogene Bezahlung setzen. „Ziel ist und bleibt, durch Leistungsanreize die Attraktivität einer wissenschaftlichen Karriere in Hessen zu stärken“, erklärte die Ministerin. Die Hochschulen müssten im Wettbewerb um die klügsten Köpfe konkurrenzfähig bleiben. Unter Einbeziehung der Leistungsbezüge verdienten Hochschullehrer in der Besoldungsgruppe W 2 in Hessen durchschnittlich 5689 Euro brutto.

Schavan sieht keine Möglichkeiten für eine Finanzspritze des Bundes zur Verbesserung der Professoren-Bezahlung. „Jedes Land muss selbst Sorge dafür tragen, dass die eigenen Hochschulen über gute junge Professoren verfügen“, sagte sie der Zeitung.

Richter Michael Gerhardt gab eine abweichende Meinung ab. Nach seiner Auffassung ist die Kombination aus einem „moderaten, aber auskömmlichen Grundgehalt und variablen, leistungsbezogenen Elementen“ sachgemäß.

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