Unionsparteien und FDP streiten wegen Schlecker

Berlin (dpa) - Bei Schwarz-Gelb in Berlin und München schwelt der Streit über den Regierungskurs nach der Schlecker-Pleite kräftig weiter. FDP-Spitzenpolitiker wiesen den Eindruck sozialer Kälte am Wochenende in einer Reihe von Interviews zurück und verteidigten ihre Ablehnung einer Transfergesellschaft.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Peter Altmaier (CDU), kritisierte im RBB-Inforadio die Haltung des Koalitionspartners FDP, eine Transfergesellschaft für die gut 11 000 Schlecker-Mitarbeiterinnen scheitern zu lassen. „Ich bin schon der Auffassung, dass zur Politik auch ein gewisses Maß an Empathie und Mitgefühl gehört. Deshalb hätte ich es sehr begrüßt, wenn wir eine Auffanggesellschaft hätten bilden können.“

FDP-Chef Philipp Rösler entgegnete im Gespräch mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag: „Wenn zu den kleinen Unternehmen der Pleitegeier kommt, dann kümmert sich keiner darum, weil keine Zeitungen und Kameras da sind. Aber um die Großen soll sich dann der Bundesadler kümmern? Das kann nicht richtig sein.“ In der „Rheinischen Post“ (Samstag) warf Rösler SPD, Grünen und Teilen der Union vor, mit ihrer Forderung nach einer staatlichen Lösung aus vermeintlich sozialen Gründen die Sachlage zu verkennen. „Mit der Bundesagentur für Arbeit existiert bereits eine Art Transfergesellschaft.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) griff seinen Münchner Koalitionspartner FDP und den liberalen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) wegen des Widerstands gegen eine Schlecker-Transfergesellschaft erneut scharf an. „Ich bin sehr betroffen, dass den Schlecker-Mitarbeiterinnen durch das Veto unseres bayerischen Wirtschaftsministers der Weg in eine sichere Zukunft verbaut wurde“, sagte Seehofer dem Magazin „Der Spiegel“. Bayern sei in ganz Deutschland als Land bekannt, das Probleme löse. „Und jetzt machen wir Probleme. Das erfüllt mich nicht mit Stolz.“

Wirtschaftsminister Zeil schoss am Sonntag zurück: Er warf der CSU vor, sich auf dem Rücken der Schlecker-Mitarbeiter parteipolitisch profilieren zu wollen. „Mich erfüllt es mit Sorge, wie lange die CSU die Schlecker-Mitarbeiterinnen durch ebenso unnötige wie falsche Behauptungen noch verunsichern will“, teilte Zeil mit.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte der Berliner „tageszeitung“ (Samstag): „Es kommt ja wohl kaum zu Mangelversorgung mit Zahnpasta und Shampoo in Deutschland.“ Er sieht erhebliche Mitverantwortung von Verdi-Chef Frank Bsirske für die Schlecker- Pleite, weil er noch vor einigen Monaten zum Boykott von Schlecker wegen der angeblich so schlechten Bezahlung und Arbeitsbedingungen aufgerufen habe. Döring in der „Bild am Sonntag“: „Und nun fordert Bsirske eine Transfergesellschaft, die einen Verbleib der Mitarbeiter in den Schlecker-Strukturen verlängert. Das ist pure Heuchelei.“

Der hessische FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn kritisierte den Kurs des Berliner Bündnispartners: In der schwarz-gelben Bundesregierung gebe es nicht nur eine zu starke Dominanz von Kanzlerin Angela Merkel und der Union. „Die Christdemokraten werden immer mehr zu Sozialdemokraten“, kritisierte Hahn. Dies habe Arbeitsministerin Ursula von der Leyen in der Debatte über eine Auffanglösung für die Schlecker-Frauen erneut bewiesen.

Die CDU-Politikerin hatte sich vehement für eine Transfergesellschaft für rund 11 000 gekündigte Beschäftigte eingesetzt. „Wir müssen als FDP immer wieder fragen, ob der Staat etwas machen muss und darf. Dann müssen wir auch lautstark Nein sagen, wie eben im Fall Schlecker oder vorher schon bei Opel“, sagte Hahn, der als Justizminister auch Vize-Regierungschef in Wiesbaden ist.

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