Unions-Innenminister für Verzicht auf V-Leute in NPD

Hannover/Berlin (dpa) - Die Unions-Innenminister sind bereit, auf V-Leute in der Führung der rechtsextremen NPD zu verzichten und damit den Weg für ein mögliches Verbotsverfahren zu ebnen.

Sie wollen einen entsprechenden Beschluss beim Sondertreffen der Innenminister am 22. März in Berlin vorlegen, bestätigte ein Sprecher von Niedersachsens Ressortchef Uwe Schünemann (CDU) am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Die Annahme der Beschlussvorlage gilt als sicher, da die SPD-Innenminister ebenfalls auf ein neues Verbotsverfahren drängen.

Das sogenannte Abschalten der Verbindungsleute („V-Leute“) des Verfassungsschutzes gilt als wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Verfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Ob es aber zu einem neuen Anlauf kommt, ist noch lange nicht entschieden, da ein Verfahren kompliziert und juristisch äußerst verzwickt ist.

Einen Antrag für ein Verbot können nur die Bundesregierung, der Bundestag oder der Bundesrat einreichen. Über ein Verbot zu entscheiden hätte dann das Bundesverfassungsgericht. 2003 war ein erstes Verfahren wegen der V-Leute in der NPD-Führung gescheitert.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte nun schnelle Entscheidungen. „Ich möchte, dass wir als Ministerpräsidenten ein NPD-Verbotsverfahren beschließen“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Die Ministerpräsidentenkonferenz tagt das nächste Mal am 29. März.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte: „Ich bin erleichtert, dass auch die CDU-Innenminister sich endlich zum Abschalten der V-Leute durchgerungen haben.“ Jetzt müssten so schnell wie möglich Beweise gesammelt und die Vorbereitungen für ein Verbotsverfahren abgeschlossen werden. „Ziel muss es sein, rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl das Verbotsverfahren einzuleiten“, sagte er.

Nach Angaben von Schünemanns Sprecher einigten sich die Unionspolitiker bereits am Dienstag bei einer gemeinsamen Telefonkonferenz. Der Sprecher bestätigte damit einen Bericht des „Tagesspiegels“ (Donnerstag). Schünemann habe als Koordinator der unionsregierten Länder den Vorschlag gemacht, dem auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zugestimmt habe. Schünemanns Sprecher sagte: „Der Abzug ist Grundvoraussetzung für eine benötigte Materialsammlung für das mögliche Verbotsverfahren.“ Im Herbst müsse dann aufgrund der gesammelten Aktenlage bewertet werden, ob ein Verbotsverfahren gegen die NPD überhaupt möglich sei.

Einige Unions-Innenminister hatten sich bislang skeptisch bis ablehnend hinsichtlich des Verzichts auf V-Leute geäußert. Ungeachtet seines Vorschlages lehnt Schünemann nach Angaben seines Sprechers die generelle Abschaltung aller V-Leute in der NPD weiterhin ab. Die V-Leute lieferten den Sicherheitsbehörden wichtige Informationen zu geplanten Aufmärschen oder Konzerten, sagte er. Einige SPD-geführten Länder, darunter Rheinland-Pfalz, verzichten bereits auf V-Leute in der NPD-Führung. Nach Angaben des „Tagesspiegels“ werden derzeit etwa zehn führende NPD-Mitglieder als V-Leute geführt.

Nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) sind die Chancen für ein NPD-Verbot nach den jüngsten Razzien gegen die rechte Szene gestiegen. „Das ist ein weiterer Beleg und ein Prüfstück, das Rheinland-Pfalz beisteuern kann für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren“, sagte Lewentz am Mittwoch dem Rundfunksender SWR2. „Es gibt eine enge Verbindung der gewaltbereiten extremistischen Szene zur NPD.“ Die Polizei war am Dienstag in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg gegen die rechte Szene vorgegangen. 24 Haftbefehle wurden vollstreckt, 33 verdächtige Häuser durchsucht.

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