Treffen der Union: In diesen Punkten knirscht es zwischen CDU und CSU

Die Spitzen von CSU und CDU suchen am Sonntag eine gemeinsame Linie — vorher geht es nicht weiter mit Jamaika.

Treffen der Union: In diesen Punkten knirscht es zwischen CDU und CSU
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Berlin. Eine Presseunterrichtung ist beim wichtigsten politischen Termin seit der Bundestagswahl nicht vorgesehen, und das bedeutet, dass man nicht mit einem Ergebnis rechnet. „Das Konrad-Adenauer-Haus ist zu“, heißt es in der Berliner CDU-Zentrale, wo am Sonntag die Spitzen von CDU und CSU zusammenkommen, um ihren Streit zu beenden und eine gemeinsame Linie für die Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP zu finden. Ausgang offen.

Mittags geht es los. CSU-Chef Horst Seehofer und die CDU-Chefin Angela Merkel werden sich gegenüber sitzen. Beide assistiert von jeweils vier weiteren Politikern. Die Generalsekretäre, Fraktionschefs, enge Vertraute wie auf CSU-Seite Spitzenkandidat Joachim Hermann und auf CDU-Seite Kanzleramtschef Peter Altmaier oder Finanzminister Wolfgang Schäuble. Anschlusstermine gibt es offiziell nicht, so dass man sich Zeit nehmen kann. Zu Beginn soll das Wahlergebnis analysiert werden, das in Bayern für die CSU mit Minus 10,5 Prozentpunkten noch verheerender war als im Rest der Republik für die CDU (minus 8,6 Prozentpunkte).

Die CSU fordert als Konsequenz einen deutlichen Rechtsruck in der Flüchtlings- und Europapolitik und eher einen Linksruck in der Sozialpolitik. Bevor man sich nicht einigt, kann es auch mit den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen nicht losgehen. Folgende konkrete Konfliktpunkte gibt es: Flüchtlinge. Die CSU beharrt darauf, dass das Wort „Obergrenze“ im Koalitionsvertrag stehen muss. Und zwar eine Obergrenze von maximal 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Angela Merkel will das nicht, auch würden FDP und Grüne so etwas nicht mitmachen.

Andererseits wäre Seehofer im internen Machtkampf mit dem möglichen Nachfolger Markus Söder stark geschwächt, wenn er hier ohne Erfolg zurückkäme nach München. Intern wird nun nach Formulierungen gesucht, die Ähnliches bedeuten wie eine Obergrenze, nämliche eine klare Begrenzung des Zuzuges, ohne das Wort zu erwähnen. Bei einem anderen Thema lancierten der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer und NRW-Innenminister Joachim Stamp (FDP) am Freitag eine Kompromissidee in Richtung Grüne. Wenn die zustimmen würden, Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, könne man im Vorgriff auf ein Einwanderungsgesetz die legale Einreise von Arbeitsmigranten aus diesen Staaten erlauben.

Europapolitik. Die CSU will auf keinen Fall mehr Europa und lehnt die Ideen des französischen Präsidenten Macron für einen eigenen Haushalt der Eurozone oder einen gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzminister ab. Die CDU und Merkel wollen Macron hingegen unterstützen.

Sozialpolitik. Die CSU verlangt deutliche sozialpolitische Korrekturen. Rente, Pflege und Mieten hat sie als Themen erkannt, bei denen die Unzufriedenheit in Wahlstimmen für die AfD umgeschlagen sei. Ein Vorschlag ist die volle Anrechnung von Erziehungsleistungen auch für vor 1992 geborene Kinder (Mütterrente). Hier ist nicht nur die FDP skeptisch, sondern auch CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, weil allein das sieben Milliarden Euro pro Jahr kostet. Die Schaffung eines „Heimatministeriums“ zur Stärkung der ländlichen Räume könnte hingegen als gemeinsame Idee aus dem Treffen hervorgehen.

Der generelle Kurs. Die CSU fordert von der Union insgesamt ein deutlich konservativeres Profil. Ebenso der CDU-Nachwuchs, die Junge Union, die an diesem Samstag in Dresden zu ihrem Deutschlandtag zusammenkommt. JU-Chef Paul Ziemiak forderte darüber hinaus „neue Köpfe“ im künftigen Kabinett. Ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen ist höchst unpopulär bei den Konservativen in der Union.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, er halte eine solche Koalition „nur für sehr schwer möglich“. Wie groß die Skepsis ist, zeigt sich auch daran, dass sich in der CDU Rufe mehren, ein Parteitag müsse über das Verhandlungsergebnis abstimmen. Das forderte zum Beispiel am Freitag die „Kommunalpolitische Vereinigung“. Bisher hatte Merkel Koalitionsverträge von dem kleinen „Bundesausschuss“ absegnen lassen.

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