Studie: Schöne Politiker sind erfolgreicher

Haben es attraktive Menschen leichter? Eine Studie der Uni Düsseldorf zeigt, dass das Aussehen von Politikern bei Bundestagswahlen eine große Rolle spielt.

Studie: Schöne Politiker sind erfolgreicher
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Ein Gesicht sagt wenig über den Charakter eines Menschen aus — verrät aber viel. Oft reicht schon ein flüchtiger Blick, um andere Menschen zu kategorisieren. Aber steckt auch ein kluger Kopf dahinter? Erweckt das Gesicht einen vertrauensvollen, glaubwürdigen und kompetenten Eindruck? Offenkundig ja. Eine Studie, die ein Team um den Soziologen und Attraktivitätsforscher Ulrich Rosar erarbeitet hat, will herausgefunden haben, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen Aussehen und Erfolg gibt.

Studie: Schöne Politiker sind erfolgreicher
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Die Studie wollte herausfinden, ob gut aussehende Politiker erfolgreicher bei Wahlen abschneiden als die weniger attraktive Konkurrenz. Seit 2002 misst der Dekan der Philosophischen Fakultät der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Uni die Attraktivitätswerte deutscher Bundestagskandidaten und vergleicht sie mit den Wahlerfolgen. Das Ergebnis: Das Aussehen wird für die Wähler immer wichtiger. Der Zusammenhang zwischen einem ansprechenden Äußeren und Wählerstimmen sei signifikant und „sehr substanziell“ — sowohl was die Erst- als auch die Zweitstimme betreffe.

Studie: Schöne Politiker sind erfolgreicher
Foto: Fotos: dpa

Laut Studie ist die Attraktivität die zweitwichtigste Eigenschaft der Kandidaten für den Wahlerfolg. Nur der Bekanntheitsgrad habe einen größeren Einfluss. Die Kompetenz komme erst an dritter Stelle. Rosar: „Wahlentscheidungen werden häufiger kurzfristig getroffen, bei gleichzeitiger Zunahme der Wechselbereitschaft der Wähler. In weitgehender Ermangelung verlässlicher Informationen zu komplexen politischen Sachfragen werden Wahlentscheidungen deshalb durch rollenferne Eigenschaften der Kandidaten wie ‚sympathisch‘ oder ‚attraktiv‘ beeinflusst.“

Für die Studie hatte Rosars Team bundesweit alle Spitzenkandidaten der Landeslisten und Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien untersucht. 1786 Politiker wurden von 24 Studenten (zwölf Männer und zwölf Frauen im Alter von 18 bis 26 Jahren) auf einer Skala von null (unattraktiv) bis sechs (sehr attraktiv) in Online-Fragebögen bewertet. Den Probanden wurden die Politikerporträts ohne Parteizugehörigkeit gezeigt. Im Bundes-Gesamt-Ranking wurde Celine Erlenhofer (Linke) als schönste Bundestagskandidatin ausgemacht. Jan Ralf Nolte (AfD) aus dem hessischen Waldeck lag bei den Männern vorn.

Dass die Jury relativ klein war, habe in der Gesamtbewertung keine Rolle gespielt: „Es gibt einen Konsens über Attraktivität, der dafür sorgt, dass auch schon kleine Gruppen zu repräsentativen Ergebnissen kommen“, erklärt Rosar und nennt als Beispiel Schauspieler George Clooney, der von den meisten wohl als attraktiver wahrgenommen werde als Woody Allen. Erwiesen werden konnte in der Studie auch, dass die Wahlbeteiligung steigt, wenn in einem Wahlkreis ein attraktiver Politiker antritt, sagt der Soziologe. Der allerwichtigste Faktor bei der Wahl sei aber immer noch die Parteizugehörigkeit.

Bei den Spitzenkandidaten landete Christian Lindner (FDP) mit 3,43 Punkten bei den Männern vorn. Das überrascht erst mal nicht. Bei den Frauen führt Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht mit 4,08 Punkten. Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel erreichte Platz 3 mit 3,25 Punkten, es folgen die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt (2,58) und Cem Özdemir (2,13) sowie SPD-Chef Martin Schulz (1,67). Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erreichte 1,04 Punkte. AfD-Frontmann Alexander Gauland ist mit 0,54 Punkten der Unattraktivste.

In der Gruppe aller 486 weiblichen Direktkandidaten, die zur Wahl standen, liegt Wagenknecht nur auf Platz 52. Lindner kommt in der Gesamtwertung der 1293 Männer nur auf Rang 30. „Die Auswertungen ergaben, dass Männer unter den Direktkandidaten eher niedrigere Attraktivitätswerte als Frauen haben“, sagt Rosar.

Brauchen Politiker eine Casting-Show, um erfolgreich zu sein? Laut Ulrich Rosar kann ein attraktiver Kandidat im Extremfall bis zu fünf Prozentpunkte mehr bekommen als ein Gegenkandidat mit einem Dutzendgesicht. Persönliche Eigenschaften hätten heute aber zunehmend einen stärkeren Einfluss auf die Wahlentscheidung. „Die Politik soll kein Schönheitswettbewerb werden. Wir hoffen, dass das nicht weiter grassiert.“ So wolle man mit der Studie auch kein Politiker-Ranking „Hot or not“ zusammenstellen. „Uns geht es darum, Sensibilität für das Thema zu erzeugen.“

Schon bei früheren Studien haben Attraktivitätsforscher herausgefunden, dass wer vertrauenswürdig aussieht, leichter einen Kredit bekommt. Oder dass derjenige bessere Jobs an Land zieht und besser bezahlt wird, der besser aussieht. Insofern würden schönen Menschen durchgängig auch positivere Eigenschaften zugeschrieben als weniger attraktiven.

Schönheit sichert aber nicht automatisch einen Sitz im Bundestag: Celine Erlenhofer schaffte es auch über die Landesliste nicht ins Parlament. Jan Ralf Nolte wurde als Direktkandidat nicht gewählt, zog aber in den Bundestag ein.

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