Steuerverschwendung WC-Kabinen für je 80.000 Euro - Bundesrechnungshof legt Bericht vor

Bonn · Der Bundesrechnungshof wirft der Regierung Missmanagement in Vielzahl von Fällen vor, von WC-Kabinen für je 80.000 Euro bis zu Mängeln bei Grenzkontrollen.

 Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, stellt seinen Jahresbericht vor. Foto: Archiv

Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, stellt seinen Jahresbericht vor. Foto: Archiv

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Toilettenhäuser für mehr als 80.000 Euro pro Kabine, ein Schützenpanzer ohne Gefechtssimulator, fehlende Aufsicht des Staatskonzerns Deutsche Bahn oder Mängel bei Grenzkontrollen: Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesregierung in einer Vielzahl von Fällen Missmanagement vor. Er veröffentlichte am Dienstag seine jährlichen "Bemerkungen" zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. In dem Bericht listet der Rechnungshof auf knapp 300 Seiten das Ergebnis von 28 Überprüfungen auf.

"Uns interessiert: Wo hat der Bund seine Mittel nicht regelkonform oder unwirtschaftlich eingesetzt", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller in Bonn. "Wo hat der Bund es versäumt, Mittel einzunehmen, die ihm zustehen?"

So kritisiert der Rechnungshof etwa "überdimensionierte WC-Anlagen auf unbewirtschafteten Rastplätzen an Bundesautobahnen in Niedersachsen". Das Bundesverkehrsministerium plane trotz Kritik des Rechnungshofes, acht weitere dieser Anlagen mit jeweils sechs Kabinen für insgesamt circa vier Millionen Euro in Auftrag zu geben. Die Kosten pro Kabine betragen damit mehr als 80 000 Euro. Die Wirtschaftlichkeit der WC-Anlagen habe das Ministerium nicht geprüft.

Dem Ressort von Andreas Scheuer (CSU) wirft der Rechnungshof insbesondere mangelnden Durchgriff bei der Deutschen Bahn vor: Das Ministerium nehme es hin, dass der Konzern dem Rechnungshof Auskünfte verweigere - und bekomme selbst auch nicht alle Unterlagen, die es erhalten sollte. Ein Beispiel seien Unterlagen zur wirtschaftlichen Lage der Auslandstochter Arriva, die an die Börse gebracht werden soll. Die "Laissez-faire-Haltung" müsse aufhören.

Beim Schützenpanzer Puma habe die Besatzung nach wie vor keinen funktionierenden Gefechtssimulator für die Ausbildung - das sei "sehr unglücklich", erklärte Scheller. Hier sei jahrelang in die falsche Richtung geplant und über 100 Millionen Euro ausgegeben worden; knapp die Hälfte davon sei verpufft, weil sich das Konzept ändert.

Die Bundesagentur für Arbeit bezahle zu viel Leitungspersonal, kritisierte der Rechnungshof weiter: In fast jeder dritten Agentur für Arbeit sei der Geschäftsführung eine Bereichsleitung unterstellt, die wiederum erst mehrere Bereiche leite. Der Freibetrag für Land- und Forstwirte verfehle sein Ziel, Klein- und Kleinstbetriebe zu fördern - auch Ehe- und Lebenspartner erhalten diese Steuerminderung, selbst wenn sie gar keine entsprechenden Einkünfte haben.

Bei der Kontrolle der Außengrenzen des Schengenraums kritisierte der Rechnungshof die unterschiedlich intensive Prüfung von Visumanträgen; vielfach seien erforderliche Nachweise gar nicht angefordert worden. Bei der Kontrolle finde zudem kein vollständiger Informationsabgleich mithilfe der EU-Datenbanken statt. Solche Mängel könnten "die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden und das Vertrauen der Bevölkerung" in das System der Grenzkontrollen beeinträchtigen, rügte Rechnungshof-Präsident Scheller.

(AFP)
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