Steigende EEG-Umlage heizt Debatte um Strom-Sozialtarife an

Berlin (dpa) - Wegen der drastisch steigenden Strompreise infolge der Energiewende mehren sich die Rufe nach Sozialtarifen für Geringverdiener und Abwrackprämien für stromfressende Alt-Geräte.

Die Bundesregierung hält das für den falschen Weg und will stattdessen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf eine neue Grundlage stellen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte der „Welt am Sonntag“: „Ich finde, wir sollten dafür sorgen, dass die Strompreise insgesamt und für alle unter Kontrolle bleiben.“ An diesem Montag soll die neue Höhe der EEG-Umlage bekannt gegeben werden. Sie wird voraussichtlich von jetzt 3,5 Cent pro Kilowattstunde auf rund 5,3 Cent steigen.

Der CDU-Arbeitnehmerflügel setzt sich dagegen ebenso für eine soziale Komponente beim Strompreis für Privatkunden ein wie die Grünen, die Diakonie oder Verbraucherschützer. Allerdings gehen die Vorschläge, wie Menschen mit wenig Geld geholfen werden soll, weit auseinander.

Der Sozialverband VdK fordert aus Steuermitteln einen Zuschuss für Hartz-IV-Empfänger und Einkommensschwache. „Strom muss für alle, relativ zum Einkommen, bezahlbar sein“, sagte der VdK-Bundesvize Roland Sing der Nachrichtenagentur dpa.

Der Vize-Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte der dpa in Stuttgart: „Den Energieversorgern sollte aufgegeben werden, Familien mit Kindern und Geringverdienern Tarife für ein festes Stromkontingent zu den bisherigen Preisen anzubieten.“

Eberhard Grüneberg, der Vorstandsvorsitzende der Diakonie in Mitteldeutschland, forderte im dpa-Gespräch eine Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen. Der bisher vorgesehene Betrag für Wohnungsinstandhaltung und Strom von rund 30 Euro reiche schon jetzt nicht aus, um alle Kosten zu decken, sagte Grüneberg.

Verbraucherschützer und Grüne setzen sich für eine staatliche Unterstützung für den Kauf neuer Geräte wie Kühlschränke mit niedrigem Stromverbrauch ein. Eine Prämie hatte es 2009 für Alt-Autos gegeben. „Wir wollen einen neuen Energiesparfonds mit einem Gesamtvolumen von drei Milliarden Euro“, forderte die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast im „Tagesspiegel“. Daraus solle dann auch die Anschaffung sparsamer Geräte gefördert werden. Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, forderte 100 bis 150 Euro staatlichen Zuschuss für Neu-Geräte.

In der Bundesregierung gibt es für solche Ideen kaum Unterstützung. Wie Wirtschaftsminister Rösler sieht auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) keinen Bedarf. Er setzt dagegen auf eine „Bürgerdividende“ als soziale Komponente: Privathaushalte sollen sich zu einem festen Zinssatz finanziell an den hohen Investitionen in den milliardenschweren Stromnetzausbau beteiligen können. Und er betont immer wieder, durch Energieeinsparungen ließen sich die zusätzlichen Belastungen abfedern. Dazu will er Beratungen fördern.

Die wegen der steigenden Stromkosten anvisierte Reform der Ökostromförderung wird derweil zum Streitfall in der schwarz-gelben Koalition. Rösler drückt aufs Tempo und verlangte am Samstag eine grundlegende Reform des EEG noch in dieser Wahlperiode. Altmaier lehnt dies jedoch ab. „Wir brauchen ein Gesetz, das 10 bis 12 Jahre hält und nicht alle acht Monate wieder ein neues“, sagte er. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die im vergangenen Jahr noch für ein Beibehalten der EEG-Umlage auf dem damaligen Niveau plädiert hatte, warb jetzt um Verständnis für die Erhöhung.

An diesem Montag geben die Netzbetreiber ihre Prognose für die EEG-Umlage im kommenden Jahr ab. Durch die erwartete Anhebung auf rund 5,3 Cent, höhere Netzkosten und weitere Energiewende-Umlagen droht einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden ein Strompreisanstieg um knapp 100 Euro. Derzeit zahlt ein durchschnittlicher Haushalt rund 900 Euro pro Jahr.

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