GroKo-Gegner mobilisieren SPD pocht auf Nachbesserungen in Koalitionsverhandlungen

Berlin (dpa) - Differenzen zwischen Union und SPD belasten die Koalitionsverhandlungen schon, bevor sie überhaupt begonnen haben. Die SPD bekräftigte, sie wolle in den voraussichtlich noch diese Woche beginnenden Verhandlungen über die Sondierungsergebnisse hinausgehende Punkte durchsetzen.

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In der Union hieß es dagegen erneut, das Ergebnispapier der Sondierungen bleibe Grundlage der Koalitionsverhandlungen.

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Aus der CSU kam zudem Kritik daran, dass die SPD in den nächsten Tagen internen Beratungsbedarf habe und sich noch auf die Gespräche vorbereiten müsse. Wann die Koalitionsverhandlungen genau beginnen, blieb zunächst unklar. SPD-Linke und Jusos wollen mit aller Macht eine Koalition mit der Union verhindern.

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Die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz, berieten am Montagabend gut eineinhalb Stunden das weitere Vorgehen. Es sei ein gutes und konstruktives Gespräch gewesen. Man wolle nun zügig mit den Verhandlungen beginnen, hieß es nach dem Treffen in Parteikreisen.

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Die große Gruppe der Unterhändler von CDU und CSU will sich an diesem Dienstagnachmittag wieder in der CDU-Zentrale treffen, um ihren Kurs abzustimmen. Die SPD kommt erst am Donnerstag zu parteiinternen Beratungen über die anstehenden GroKo-Verhandlungen zusammen, wie die dpa am Montagabend erfuhr.

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Die Jusos mit ihrem Chef Kevin Kühnert riefen unter dem Motto „Tritt ein, sag' Nein“ dazu auf, in die SPD einzutreten, um beim Mitgliederentscheid den Koalitionsvertrag ablehnen zu können. Schulz zeigte sich dagegen entschlossen, die Koalitionsverhandlungen erfolgreich abzuschließen.

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Vor einer Regierungsbildung müssen die SPD-Mitglieder einem Koalitionsvertrag zustimmen. Kühnert sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sobald der Entwurf dafür vorliege, „werden wir Jusos in ganz Deutschland Veranstaltungen machen und für unsere Position werben“.

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Schulz sagte vor dem Treffen mit Merkel und Seehofer, die SPD gehe mit dem Ziel in die Beratungen, Deutschland eine neue Regierung zu geben, die „das Leben der Menschen in unserem Lande besser macht“. Zugleich gehe es auch darum, „der internationalen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gerade mit Blick auf die Europäische Union und die Einheit Europas gerecht zu werden“.

Die SPD braucht noch Zeit für interne Beratungen. Sie müsse weiter klären, „auf welcher Grundlage, welcher strukturellen und auch mit welcher personellen Zusammensetzung“ sie in die anstehenden Gespräche mit der Union gehe, hatte Schulz zuvor nach einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion gesagt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhöhte kurz vor dem Verhandlungsstart den Druck auf Union und SPD, eine Regierung zu bilden. Egal, ob die Schnittmengen der Parteien ausreichten, „spüren wir alle, dass die Menschen in Deutschland erwarten, dass jetzt mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl wieder eine Regierung zustande kommt“, sagte Steinmeier in Hamburg. Auch in Europa und der Welt warte man auf einen deutschen Beitrag zur Überwindung internationaler Krisen.

Ein SPD-Sonderparteitag hatte am Sonntag mit der knappen Mehrheit von 56,4 Prozent den Weg für Koalitionsverhandlungen frei gemacht, aber mehrere Punkte festgelegt, die über das Sondierungsergebnis hinaus durchgesetzt werden sollen.

Angesichts neuer Forderungen der SPD pochte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auf das Ergebnis der Sondierungen. Zu Signalen, dass die SPD noch Zeit für interne Beratungen beansprucht, sagte er: „Mittlerweile muss man neben Barmherzigkeit und Rücksicht auch Geduld mitbringen.“

Schulz beharrte darauf, dass die SPD über alle Themen, die während der Sondierungen angesprochen wurden, jetzt erneut reden werde. Der Sonderparteitag hatte die SPD-Führung aufgefordert, mehrere Punkte durchzusetzen: die Abschaffung grundlos befristeter Arbeitsverhältnisse, die Überwindung der „Zwei-Klassen-Medizin“ und eine „weitergehende Härtefallregelung“ für den Familiennachzug von Flüchtlingen.

„Man kann jetzt nicht das, was besprochen worden ist, wieder in Frage stellen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der „Bild“-Zeitung. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) warnte im Südwestrundfunk (SWR): „Wer jetzt versucht, einzelne Teile wieder komplett aufzumachen, der macht das gesamte Paket wieder auf.“

CDU-Vize Thomas Strobl sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag): „Nachgekartet wird nicht - sonst können wir das Sondierungspapier weglegen und wieder bei Null beginnen.“ Andere Unionspolitiker deuteten Entgegenkommen an, etwa beim Thema befristete Arbeitsverträge und Familiennachzug. So zeigte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Deutschlandfunk offen für eine Härtefall-Regelung beim Familiennachzug.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte einen zukunftsgewandten Koalitionsvertrag. Dem „Handelsblatt“ (Dienstag) sagte er, dazu gehörten beschleunigte Planungsverfahren bei Investitionen in die Straßen, die Digitalisierung und ein Zuwanderungsgesetz zur Lösung des Fachkräftemangels.

Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag): „Das Sondierungspapier enthält bereits zahlreiche Belastungen für die deutsche Wirtschaft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wirtschaftspolitiker aller drei Parteien jetzt noch ein Draufsatteln mitmachen.“

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