Spalten Petry und Pretzell die AfD?

Die Bundesvorsitzende und ihr Mann, der Fraktionschef in NRW, könnten Mitglieder des Landesverbands zu Mitstreitern machen.

 Zerrissene Partei: Die AfD- Vorsitzende Fraue Petry (v. l.), der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen sowie die SpitzenkandidatenAlexander Gauland und Alice Weidel. Bei der möglichen Gründung einer eigenen Fraktionkönnte Petry das Lager ihres Mannes Marcus Pretzell helfen.

Zerrissene Partei: Die AfD- Vorsitzende Fraue Petry (v. l.), der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen sowie die SpitzenkandidatenAlexander Gauland und Alice Weidel. Bei der möglichen Gründung einer eigenen Fraktionkönnte Petry das Lager ihres Mannes Marcus Pretzell helfen.

Foto: Julian Stratenschulte

Düsseldorf/Berlin. Nach dem Rückzug der Parteivorsitzenden Frauke Petry aus der noch nicht einmal zusammengetretenen AfD-Bundestagsfraktion streitet auch die nordrhein-westfälische AfD erneut offen über ihre Ausrichtung. Der künftige AfD-Bundestagsabgeordnete und NRW-Co-Chef Martin Renner schließt nicht aus, dass Petry und ihr Mann, der zweite Co-Vorsitzende Marcus Pretzell, eine Abspaltung planen. „Das ist eine Vermutung“, sagte Renner. Sollte es so kommen, sei das aber „irrelevant“. Denn die Gruppe um Petry und Pretzell habe „nicht mehr als zehn Prozent der Funktionsträger und Parteimitglieder hinter sich“.

Pretzell äußerte sich zurückhaltend auf die Frage nach einer möglichen Spaltung der Partei: „Das werden wir sehen“, sagte er im WDR gestern Morgen vor der überraschenden Ankündigung seiner Frau. „Man muss die Bundestagsfraktion jetzt erst mal angucken.“ Petry hatte zur Begründung gesagt, sie wolle aktiv gestalten und „Realpolitik im guten Sinne einer konservativen Politik machen“. Eine „anarchische Partei“, die etwa Spitzenkandidat Alexander Gauland wolle, lege die AfD dagegen auf die Oppositionsrolle fest. Sie werde nun „vorerst als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag“ arbeiten. Ob sie die Gründung einer eigenen Fraktion oder Parlamentariergruppe anstrebt, sagte sie nicht. Um eine eigene Fraktion zu bilden, müsste sie mindestens 35 Abgeordnete im Bundestag dazu bringen, sich ihr anzuschließen.

In einem Interview der ARD sagte Petry, ihre Entscheidung sei wohl überlegt: „Wer mich kennt, weiß, dass ich so etwas nicht spontan mache.“ Sie hoffe, „dass beim Wähler ankommt, dass ich für einen konservativen Neuanfang stehe“.

Die Parteichefin, die seit 2015 an der Spitze der AfD steht, konnte in ihrem sächsischen Wahlkreis ein Direktmandat erringen, was ihre Stellung stärkt. Die Partei kam bundesweit auf 12,6 Prozent. Der AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge indes fühlt sich von Petry um das Bundestagsmandat betrogen. Petry als Kandidatin und die Partei insgesamt hätten vor der Wahl einen Vertrauensvorschuss erhalten. Petrys Ankündigung nur einen Tag nach dem Wahlerfolg sei deshalb für viele „ein Schlag in die Magengrube“. AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel forderte Petry auf, den Parteivorsitz niederzulegen und die AfD zu verlassen. AfD-Vorstandsmitglied André Poggenburg sagte, nur so könne Petry „einem Antrag auf Parteiausschluss zuvorkommen“.

Bei Petrys Plan zu einer Spaltung der AfD könnte laut dem Düsseldorfer Extremismusforscher Alexander Häusler der nordrhein-westfälische AfD-Landesverband eine wichtige Rolle spielen. Petry baue dabei auf das Lager ihres Mannes Pretzell, sagte er. „Die NRW-Landesliste der AfD im Bundestag ist vor allem besetzt mit Pretzell-Anhängern.“ Petry hoffe wohl darauf, diese NRW-Politiker hinter sich zu bringen, sagte Häusler. Allerdings werde sie damit scheitern. Denn mit ihrer Entscheidung habe sich Petry ins politische Abseits manövriert. „Damit hat sie möglicherweise ihren Schritt in die politische Bedeutungslosigkeit angetreten.“

Pretzell und sein Co-Vorsitzender bei der AfD in NRW, Martin Renner, der dem Rechtsaußen-Flügel zugeordnet wird, gelten als tief zerstritten und als erbitterte Konkurrenten. Pretzell, der auch Fraktionschef seiner Partei im Düsseldorfer Landtag ist, hatte vergeblich versucht, Renner als Spitzenkandidaten zu verhindern. Der offene Streit an der nordrhein-westfälischen AfD-Spitze könnte sich fortsetzen: Renner will sich nach eigener Aussage trotz seines neuen Mandats in Berlin im Oktober voraussichtlich wieder um den Führungsposten in der Landespartei bewerben. Er habe den NRW-Verband mitbegründet und sei der „richtige Typ“, um die Querelen innerhalb der Landes-AfD zu befrieden. Er gehe davon aus, dass Pretzell dagegen nicht mehr als Co-Vorsitzender kandidieren werde, sagte Renner.

Während der AfD in NRW, die bei der Landtagswahl im Mai auf 9,4 Prozent der Stimmen kam, eine Spaltung bislang nur droht, trennt sich die Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern bereits. Vier der 18 Abgeordneten haben gestern eine neue Fraktion mit dem Namen „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern“ (BMV) gegründet. Zuvor waren sie aus der AfD-Fraktion ausgetreten. dpa/Red

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