Politik : Sondieren und auch noch regieren - viele Groko-Verhandler haben doppelten Stress
Berlin. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz kam Mittwochmorgen in Turnschuhen und Sportkleidung ins Konrad-Adenauer-Haus der CDU. Der SPD-Mann zeigte sich vor der vierten Sondierungsrunde in bester Jogginglaune — so viel Zeit muss dann schon sein.
Im Moment müssen halt viele Groko-Verhandler einiges unter einen Hut bringen.
Scholz gehört zu denen, die sowieso doppelten Stress haben — er hat in Berlin für seine Partei zu sondieren und daheim zu regieren. Das gilt für alle Ministerpräsidenten in den Verhandlungsdelegationen von Union und SPD; das gilt aber auch für die Mitglieder der geschäftsführenden Bundesregierung, allen voran für Kanzlerin Angela Merkel und ihren Amtschef Peter Altmaier.
Der Saarländer ist Merkels wichtigster Mann im Kanzleramt und das ist er auch bei den Verhandlungen mit der SPD. Altmaier ist überdies im Moment für die Finanzen zuständig und damit für die künftige Haushalts- und Steuerpolitik. Mehr Schwergewicht geht nicht. Über seinen Tisch läuft dem Vernehmen nach alles. Gerade bereitet er auch noch für morgen eine Pressekonferenz zum Haushaltsüberschuss 2017 vor. Nun müssen Merkel und er nicht permanent präsent sein, so sind die Strukturen der Groko-Gespräche nicht angelegt. Aber sie pendeln immer wieder.
Am Mittwoch zum Beispiel sondierte Merkel frühmorgens in der CDU-Zentrale, um dann zur Kabinettssitzung im Kanzleramt zu fahren. Anschließend ging es wieder zurück ins Konrad-Adenauer-Haus. Auch hat Merkel immer wieder Termine wahrzunehmen, die sich nicht verschieben lassen — wie den Besuch der Sternsinger am Montag, oder den Neujahrsempfang beim Bundespräsidenten am Dienstag. Ihre Amtsgeschäfte, so wird betont, würden wegen der Sondierungen keinesfalls leiden.
Noch stressiger haben es freilich die zehn Ministerpräsidenten, die an den Gesprächen teilnehmen. Sie hocken in Berlin, während ohne sie Politik gemacht wird in ihren Landeshauptstädten. Manch einer fährt oder fliegt ab und zu hin und her, um wie die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) oder die Rheinland-Pfälzerin Malu Dreyer (SPD) an traditionellen Neujahrsempfängen teilzunehmen. Andere haben sich die ganze Woche der Groko-Sondierungen in der Hauptstadt einquartiert und versuchen aus der Ferne zu regieren. Schaltkonferenzen sind da Pflicht.