Kriminalität Soko Asyl - Der Reisende in Sachen Wahrheit

Der Braunschweiger Polizist Ulf Küch stellt in Köln seine Ergebnisse zur Kriminalität von Flüchtlingen vor.

Die Silvesternacht von Köln steht inzwischen als Synonym für Kriminalität von Flüchtlingen.

Die Silvesternacht von Köln steht inzwischen als Synonym für Kriminalität von Flüchtlingen.

Foto: dpa

Köln. Ulf Küch beeilt sich. Schnell muss er Mittwochmittag zurück nach Braunschweig, er hat als Leiter der Kriminalpolizei Braunschweig in Niedersachsen gut zu tun, und sein Dienstherr wird ungeduldig. Denn Küch, der auch Vorsitzender des Landesverbands Niedersachsen beim Bund Deutscher Kriminalbeamter ist, hält zu viele Vorträge, ist zu oft Gast in Talkshows, gibt Interviews — oder bewirbt sein Buch: „Soko Asyl — eine Sonderkommission offenbart überraschende Wahrheiten über Flüchtlingskriminalität“ heißt die Schwarte, die jetzt ein „Spiegel“-Bestseller ist.

Küch ist ein bisschen stolz darauf, „rund 30 000 mal“ sei das Buch verkauft, aber Küch sagt auch: „Ich verdiene daran nichts, alles für soziale Zwecke.“ Er muss so etwas erklären, weil er für dieses Buch angefeindet wird. Als die Sonderkommission, die Küch zur Flüchtlingskriminalität in Braunschweig im August 2015 gegründet hat, ihre Arbeit aufnahm, riefen ihn die Politiker an. „Sie befürchteten die „Stigmatisierung der Asylsuchenden“, sagt er. Am Ende entschuldigten sie sich. Seit Ergebnisse feststehen, beschimpfen ihn die Rechten.

Dabei hat Küch nur die Wahrheit geschrieben, die sich mit den Erfahrungen der 260 000-Einwohner-Stadt Braunschweig und ihren Flüchtlingen auseinandersetzt. 42 000 Menschen sind 2015 durch die dortige Landesaufnahmestelle geschleust worden. Das Fazit der „Soko Asyl“: Die Sorgen der Einwohner in einer sich plötzlich radikalisierenden Stadt um die Sicherheit „waren unberechtigt“.

Küch hat Zahlen: Mit der Bevölkerungszunahme sei die Zahl der Straftaten von 26 000 um 300 gestiegen. „Das ist nicht die Welt“, sagt Küch. Meist gehe es um kleine Diebstahlsdelikte. Drei sexuelle Straftaten habe es gegeben, zwei davon in der Braunschweiger Landeseinrichtung. Die Täter sitzen mehrjährig in Haft, sagt Küch. Auch, weil er nicht Kuschelpolitik predigen will. In den Verdacht kommt er gar nicht: Küch will Integration („Wenn wir jetzt die Fehler wie in den 90er Jahren machen, haben wir in 20 Jahren wieder große Probleme“), er will kluge Differenzierung statt schneller Vorurteile.

Er will aber auch: schnelle Urteile, harte Strafen, Abschreckung. „Wenn Fehlverhalten nicht schnell sanktioniert wird, sind unsere Gesetze wertlos“, sagt er. „Wir brauchen schnelle Urteile.“ Täter bauten Respekt auf, wenn sie Konsequenzen spüren. „In Algier gibt es erst einmal eine Tracht Prügel. Hierzulande werden sie erst beim Richter in der Hauptverhandlung hellhörig. Rechtsstaatlichkeit wird oft als Schwäche verstanden.“

In Braunschweig hat er Erfolg, die Flüchtlingskriminalität geht auf Null zurück, in der Sonderkommission arbeiten noch acht Beamte, nicht mehr 16. Und die Delikte wie Wohnungseinbruch oder Kfz-Diebstahl, sagt Küch, „die begehen nicht die Flüchtlinge“. Solche Delikte schreibt er Tätern aus dem EU-Ausland zu, organisierte Kriminalität sei das, meist osteuropäische Gruppen, etwa aus dem Kaukasus.

Küch ist ein Reisender in Sachen Wahrheit, Tenor: Man wird ja noch mal ermitteln dürfen. Seine ermittelten Zahlen passen freilich nicht ins Schema derer, in deren Welt steigende Flüchtlingsraten steigende Kriminalitätszahlen bedingen. Küch hält diese Anschauung für ein Problem: „In unserer Gesellschaft schlagen die Schwachen auf die noch Schwächeren ein. Deshalb gibt es so viele Hirnlose, die auf Asylantenheime losgehen.“

Wie man das ändern kann, sagt Christian Walburg, Kriminologe der Universität Münster, bei diesem Gespräch in Köln zum Thema „Kriminalität in der Einwanderungsgesellschaft: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Delinquenz und Herkunft?“ Walburg: „Erwachsene Zuwanderer mit Zugang zum Arbeitsmarkt oder Aussicht darauf, fallen selten durch Straftaten auf.“ Ziel: Integration. Und: „Bei stark gestiegenen Zuwandererzahlen ist die Zahl der registrierten Straftaten pro 100 000 Einwohner in den meisten klassischen Kriminalitätsfeldern, insbesondere der Gewaltkriminalität, kaum angestiegen oder war sogar rückläufig. Ausnahmen bilden Wohnungseinbrüche und Taschendiebstähle, die deutlich zugenommen haben.“

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