Vor dem Gipfel in Brüssel : Seehofer schwänzt Merkels Erklärung zur EU-Asylpolitik
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Asylpolitik kurz vor dem EU-Gipfel zur Schicksalsfrage Europas erklärt.
„Europa hat viele Herausforderungen. Aber die mit der Migration könnte zu einer Schicksalsfrage für die Europäische Union werden“, sagte die Kanzlerin im Bundestag in einer Regierungserklärung vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel. Obwohl die Asylpolitik die Debatte im Plenum am Vormittag bestimmte, fehlte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf der Regierungsbank.
Merkel dämpfte die Erwartungen an das Gipfeltreffen. Sie sagte, die EU-Staaten seien noch nicht bereit, sich auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu einigen. In fünf von sieben Kernfragen zur Migrationspolitik herrsche zwar inzwischen weitgehend Einigkeit. Probleme gebe es aber noch bei der Einführung gleicher Standards bei der Bearbeitung von Asylanträgen und in der Frage der „solidarischen Verteilung von Migranten und Flüchtlingen“.
Deshalb sei es sinnvoll, jetzt schon eine „Koalition der Willigen“ zu bilden. Diese solle sicherstellen, dass sich der Schutzsuchende, „in Europa nicht das Land aussuchen“ kann, in dem er seinen Asylantrag stellt. Sie schlägt vor, afrikanischen Staaten mehr Studienplätze und Arbeitsvisa anzubieten, damit nicht mehr so viele Menschen ihr Leben auf Schlepperbooten riskieren.
Der Asylstreit steuert in Brüssel beim EU-Gipfel auf seinen Höhepunkt zu. Seehofer will im Juli anordnen, dass Asylbewerber an der deutschen Grenze abgewiesen werden, die in anderen EU-Staaten schon registriert wurden. Auf diese Maßnahme zur Begrenzung der Zuwanderung will die CSU nur verzichten, falls Merkel in Brüssel eine europäische Vereinbarung zur Asylpolitik erreicht, die unter dem Strich den gleichen Effekt hätte.
Während Merkels Regierungserklärung saß Seehofer in seinem Büro im Innenministerium. „Der Minister arbeitet im Haus und hat Termine“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wünschte Merkel in seiner Rede im Bundestag für ihre Bemühungen beim EU-Gipfel „viel Erfolg“. Sobald die Ergebnisse des Gipfels bekannt seien, „werden wir darüber beraten, welche nationalen Maßnahmen notwendig sind“.