Versöhnungsprozess noch offen : Seehofer fordert von Union Klarheit und Ordnung
Seeon (dpa) - Die CSU verschärft zum Start in das Bundestagswahljahr den Dauerstreit um eine Obergrenze für Flüchtlinge mit Kanzlerin Angela Merkel.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte zum Auftakt einer Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon: „Dieses Land ist polarisiert und gespalten.“ Sein Motto sei, die Gesellschaft mit klarer Politik, Orientierung, Ordnung und Sprache wieder zusammenwachsen zu lassen.
Seehofer ließ offen, ob der schleppende Versöhnungsprozess mit der CDU wie geplant bei einer Sitzung der Spitzen beider Parteien fortgesetzt wird. CDU und CSU hatten vereinbart, am 5. und 6. Februar in München die Grundsätze für ein gemeinsames Programm für die Wahl im Herbst 2017 festzulegen.
Seehofer fordert eine starre Obergrenze für die Aufnahme von maximal 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Sollte das im Falle eines Sieges der Union bei der Bundestagswahl im Herbst nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden, wird die CSU nach seinen Worten in die Opposition gehen. Nach einer Umfrage vertrauen die Anhänger der CSU ihrem eigenen Parteichef allerdings weniger als Merkel. Im Wahltrend von „Stern“ und RTL bekam die Kanzlerin von den CSU-Anhängern im Schnitt 72 von 100 möglichen Vertrauenspunkten, für Seehofer gab es 69 Punkte.
Am Mittwoch wurde bekannt, dass Merkel und Seehofer bereits seit Wochen ein Kompromissvorschlag von Innenexperten der Union zur Lösung des Konflikts um die Obergrenze vorliegt. Dabei handele es sich um einen „atmenden Deckel“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU). Gemeinsam mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Schuster habe er an Merkel und Seehofer einen entsprechenden Brief geschrieben.
Die beiden Abgeordneten schlagen demnach vor, die Aufnahmekapazität in Deutschland jedes Jahr neu zu berechnen und an die Zahl der Neuankömmlinge des Vorjahres zu koppeln. Damit kämen sowohl Merkel als auch Seehofer „gesichtswahrend“ aus dem Streit heraus, sagte Mayer. Eine solche Deckelung wäre nicht starr und außerdem eine Botschaft an andere Länder der Europäischen Union, die sich bisher wenig solidarisch zeigten.