Schlammschlacht nach Sexismus-Vorwurf: Berliner CDU ganz unten

Von der Schlammschlacht bis zum Scherbenhaufen war es für die Berliner CDU nicht weit. Nur fünf Tage nach der Wahlschlappe setzen Sexismus-Vorwürfe der männerdominierten Partei zu.

Die Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends steht im Zentrum der Schlammschlacht in der CDU.

Die Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends steht im Zentrum der Schlammschlacht in der CDU.

Foto: Sophia Kembowski

Berlin. Insider sind fassungslos. Die Schlammschlacht mit Anschuldigungen und intimen Vorwürfen, die nach der Sexismus-Kritik der Berliner CDU-Mitglieds Jenna Behrends losbrach, sucht selbst in dem an Intrigen reichen Landesverband ihresgleichen. Die frischgebackene Kommunalpolitikerin hatte sich online gegen böses Getuschel gewehrt, sie schlafe sich für ihre Karriere durch Affären mit CDU-Politikern hoch. Auch die Titulierung durch einen Senator als „süße große Maus“ fällt für die 26-Jährige in die Kategorie Sexismus.

Behrends wird von einigen Parteikolleginnen unterstützt. Aber es gibt auch Frauen, die die 26-Jährige angreifen und sie als intrigant und Anmacherin darstellen. Sie gehe häufig „offensiv“ mit Männern um, hieß es. Nur eine Woche nach dem desaströsen Ergebnis der CDU bei der Berlin-Wahl mit 17,6 Prozent und dem Verlust der Regierungsmacht steht die Hauptstadt-Union vor einem Scherbenhaufen.

Das umstrittene Zitat ordnen Medien und später auch Behrends dem CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel zu. Der durch das schlechteste Ergebnis der Berliner CDU seit 60 Jahren angeschlagene Henkel ist ohnehin nur noch Parteivorsitzender auf Abruf. Nun könnte seine Ablösung noch viel schneller gehen.

Der Imageschaden für die Hauptstadt-Union ist immens - auch wenn Bundespolitiker dies am Dienstag abstreiten. Um den Schaden zu begrenzen, verpflichteten sich die Beteiligten am Montagabend zu öffentlichem Stillschweigen. Eine Krisenrunde beschloss, das wichtige Thema Sexismus, das niemand bis zur Bundesspitze in der Partei bestreitet, solle künftig nur noch parteiintern debattiert werden. Am Dienstag gehen die Protagonisten auf Tauchstation. Sie sind fast alle nicht mehr telefonisch erreichbar.

Ausgerechnet die Vorsitzende der Frauen Union in Behrends CDU-Kreisverband Mitte, Sandra Cegla, und Mitstreiterin Zana Ramadani warfen Behrends in einer Pressemitteilung vor, sie habe selbst die Gerüchte um Affären - zum Beispiel mit CDU-Bundes-Generalsekretär Peter Tauber - gestreut. Später habe sie das öffentlich abgestritten. Deshalb müsse man sich jetzt mit „Insiderwissen zu Wort melden“.

Tauber unterstützte das Anliegen von Behrends in der Sexismus-Diskussion. „Wir brauchen eine größere Sensibilität in allen Bereichen der Gesellschaft, denn Sexismus ist nicht nur ein Problem in der Politik“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Das Verhältnis zu Behrends beschrieb Tauber der „Bild“-Zeitung (Montag) so: „Jenna Behrends und ich haben uns kennengelernt und auch geflirtet. Aber es war für mich recht schnell klar, dass es rein freundschaftlich bleibt.“

Henkel - von Behrends erst Tage später in diversen Interviews namentlich als „Süße-Maus“-Urheber genannt - hat die Äußerungen weder bestätigt noch dementiert. Er zeigte sich in seiner Reaktion nur „verwundert und auch ein bisschen enttäuscht über Inhalt und Stil dieses offenen Briefes“. Henkel war bei der Krisensitzung im Kreisverband Mitte, dessen Chef er ist, nicht dabei. Henkel wolle sich auch nicht weiter dazu äußern, sagt seine Sprecherin.

Nicht wenige Parteifreunde sehen in der ganzen Sexismus-Debatte einen Schachzug, den durch sein schlechtes Wahlergebnis ohnehin angeschlagenen Berliner CDU-Chef noch schneller loszuwerden. Der 52-Jährige hatte seinen Rücktritt angeboten. Er war jedoch von der Partei gebeten worden, bis zur turnusmäßigen Wahl im Juni 2017 im Amt zu bleiben. Die Wunschkandidatin der Berliner CDU - Kulturstaatsministerin Monika Grütters - hat bisher nicht öffentlich gesagt, ob sie antritt, um den zerrütteten Landesverband aus der Krise zu führen.

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