Rundfunkgebühr: Länder-Chefs setzen neue Höhe fest
Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder berät am Donnerstag und Freitag über die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags. Statt über Reformen nachzudenken, hält die ARD für hunderte Millionen Euro an einem Radio-Plan fest, mit dem sie sich gegen das Internet stemmt.
Berlin/Rostock. Wahrscheinlich wäre dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am liebsten, Kathrin Weihruch zöge einfach weit weg. Weil die alleinerziehende Mutter (43, Beruf: Clown) 2013 ihren Rundfunkbeitrag nicht gezahlt hat, erließ ihre Brandenburgische Heimatgemeinde einen Haftbefehl. Es wäre die zweite deutsche Gefängnisstrafe für eine säumige Gebührenzahlerin, nachdem eine 46-jährige Thüringerin von Februar bis April auf Initiative des MDR in Erzwingungshaft saß. Das will der RBB sich ersparen, vor allem in dieser Woche, in der es nicht um die 309,26 Euro von Kathrin Weihruch, sondern um rund 38 Milliarden Euro Rundfunkgebühren für die Jahre 2017 bis 2020 geht.
Auf ihrer Jahreskonferenz am 27. und 28. Oktober in Rostock sprechen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten über die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags, und am liebsten wäre ihnen, dass Dauer-Reizthema fänden möglichst wenig Beachtung. Die Fronten gehen quer durch die politische Landschaft: Die unabhängige „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (KEF) hat der Politik empfohlen, den monatlichen Zwangsbeitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio aufgrund von Überschüssen nochmals um 30 Cent auf monatlich 17,20 Euro zu senken. Einige Länder — darunter NRW — würden es lieber bei 17,50 Euro belassen, auf diese Weise ein Polster von mehr als 500 Millionen Euro ansparen und daraus ab 2020 Zuschüsse zu einer maßvollen Gebühren-Erhöhung zahlen.
Die NRW-Landesregierung steht beim WDR im Wort, dem Sender einen finanziellen Ausgleich für den teilweisen Werbeverzicht auf seinen sechs Radio-Wellen zu verschaffen. Andere Länder würden den bestehenden Rundfunkbeitrag zudem lieber verwenden, um auch das Fernsehen von ARD und ZDF werbefrei zu machen. Wirklicher Sparwille ist außer bei dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der jüngst eine Fusion von ARD und ZDF vorgeschlagen hatte, in keinem Bundesland erkennbar. Irgendwann einmal soll eine Arbeitsgruppe der Länder Reformen „prüfen“; es gibt kein Ziel und Zeitvorgabe den öffentlich-rechtlichen Bauchladen von 18 Fernseh-, 67 Hörfunkprogrammen und unzähligen Internet-Angeboten zu entrümpeln.
Derweil hält die ARD an einem Plan zur sinnlosen Gebühren-Vernichtung im großen Stil fest. Im April bekräftigten die Intendantinnen und Intendanten ihre strategische Positionierung, die künftige Hörfunkverbreitung über den Digitalradio-Standard DAB+ voranzutreiben. Im September behauptete die ARD-Vorsitzende und MDR-Intendantin Karola Wille allen Ernstes auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin, „die dynamische Entwicklung, die DAB+ mit jährlich steigenden Zuwachsraten nimmt, ist ermutigend für die nächsten Schritte, die wir gehen wollen". Das sind sie nicht.
Die KEF hielt den Sendern im Frühjahr vor, das trotz Investitionen von rund 100 Millionen Euro gerade einmal zehn Prozent der Haushalte ein DAB+-fähiges Radiogerät besitzen- das sind 6,4 Millionen Geräte von 194 Millionen Hörfunkempfängern insgesamt.