Woche des Schreckens Regierung versucht die Bürger zu beruhigen

De Maiziere schickt noch mehr Bundespolizisten in Flughäfen und Bahnhöfe - Nach Ansbacher Anschlag Debatte um Abschiebungen.

Die zerstörte Glasscheibe eines Schaukasten eines Fotostudios, aufgenommen am in der Altstadt von Ansbach (Bayern), einen Tag nach einer Bombenexplosion, am Tatort.

Die zerstörte Glasscheibe eines Schaukasten eines Fotostudios, aufgenommen am in der Altstadt von Ansbach (Bayern), einen Tag nach einer Bombenexplosion, am Tatort.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Berlin. Zurückhaltend hat die Bundesregierung auf den Rucksackbomben-Anschlag von Ansbach reagiert. Während Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schon in der Nacht zum Montag von islamistischem Terror sprach und Konsequenzen für die Abschiebepraxis forderte, vermied Berlin zunächst eine solche Zuspitzung. Allerdings erhöhte die Bundespolizei ihre Präsenz auf öffentlichen Plätzen.

Innenminister Thomas de Maiziere begründete die Maßnahme mit dem Angstgefühl der Bevölkerung. Er rief gleichzeitig zur Besonnenheit auf. "Das scheint mir in der aktuellen Stimmung eine nötige Tugend für alle zu sein", sagte der Minister und fügte hinzu: "Wir sollten unser freiheitliches Leben weiter leben". Ob in Ansbach und Reutlingen ein Bezug zum Terror des IS bestehe, sei "ebenso wenig auszuschließen, wie das Vorliegen einer besonderen Labilität der Täter oder einer Kombination von beidem". De Maiziere sprach neutral von "Gewalttaten". Der 27jährige syrische Selbstmordattentäter von Ansbach, der zuvor schon als suizidgefährdet aufgefallen war, hinterließ auf seinem Handy ein Bekennervideo mit islamistischen Motiven.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ mitteilen, sie sei erschüttert und denke an die Opfer. Die Qualifizierung als Terrorangriff benutzte auch ihre Sprecherin nicht. Allerdings bereitet die Serie der Zwischenfälle der Regierung große Sorge, auch weil man fürchtet, dass die Stimmung kippen könnte. Die Kanzlerin verbringt ihren Urlaub zurzeit in ihrem Wochenendhaus in der Uckermark. Sie sei "immer im Dienst", hieß es. De Maizière hat seinen USA-Urlaub, den er wegen der Lage ohnehin schon zwei Mal hatte unterbrechen müssen, inzwischen ganz abgebrochen.

Überrascht zeigte man sich im Berliner Innenministerium von Herrmanns Forderung, Abschiebungen künftig zu erleichtern. Denn die Abschiebepraxis war in den letzten Monaten schon deutlich verschärft worden. Der Asylantrag des Ansbacher Täters war 2014 abgelehnt worden, weil er schon in Bulgarien den Flüchtlingsstatus erhalten hatte. Deshalb sollte er dorthin abgeschoben werden, doch wurde das wegen der psychischen Probleme des Mannes zunächst ausgesetzt. Vorletzte Woche allerdings war der Bescheid zur Abschiebung in das Balkan-Land erneuert worden. In Staaten, in denen den Betroffenen unmittelbar Verfolgung oder Tod drohen, darunter Syrien, darf grundsätzlich nicht abgeschoben werden. Das stellte auch Herrmann nicht in Frage. Was er konkret an der Abschiebepraxis ändern will, sagte der bayerische Innenminister zunächst nicht.

Sein Kabinettskollege, Justizminister Winfried Bausback (CSU), erklärte ebenfalls, "dass der islamistische Terror Deutschland erreicht hat". Er plädierte für eine weitere Verstärkung der Sicherheitsbehörden. Außerdem müssten die Möglichkeiten von Fahndung und Gefahrenabwehr im Internet verbessert werden. Der vom Verfassungsgericht gesetzte Rahmen sei hier "angesichts der Bedrohungslage zu eng". Das bayerische Kabinett will von Dienstag an bei einer Klausurtagung das Thema Sicherheit diskutieren; der Termin war allerdings schon länger geplant. Herrmann will dort Vorschläge präsentieren. Beobachter rechnen mit möglichen neuen Kontroversen zwischen der CSU und der CDU über die Asylpolitik.

Von rechten Gruppen wurde unterdessen ein Ende der Willkommenskultur in Deutschland gefordert und Kanzlerin Angela Merkel persönlich verantwortlich gemacht. "Der Terror ist endgültig in Deutschland angekommen, dank Merkel und ihren Mittätern", äußerte Pegida-Sprecher Lutz Bachmann auf Twitter. Und Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg twitterte: "Leider bestätigt: Wieder Terror durch Migration." Auch Links-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erklärte, die Ereignisse zeigten, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen "schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges 'Wir schaffen das' uns im letzten Herbst einreden wollte".

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