Putsch-Stimmung gegen Westerwelle

Schwäbische Liberale fordern seinen Rücktritt, Pfälzer wollen ihn im Wahlkampf nicht. Für den Parteichef wird die Luft dünn.

Berlin. FDP-Chef Guido Westerwelle schlägt eine wachsende Ablehnung aus den eigenen Reihen entgegen. Der Spitzenkandidat der FDP in Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin, bezeichnete Westerwelle am Mittwoch als „Klotz am Bein“ der FDP.

In Rheinland-Pfalz, wo am 27. März ein neuer Landtag gewählt wird, will die FDP nun auf Westerwelle als Wahlkämpfer verzichten. „Die Stimmung ist nicht so, dass sein Auftreten an der Basis als hilfreich angesehen wird“, sagte Spitzenkandidat Mertin. Es sei eine Tatsache, dass die FDP seit Monaten nicht aus ihrem Tief herauskomme. Dies werde „ein Stück weit“ an der Person Westerwelles festgemacht. Mertin sagte auch: „Ich empfehle Guido Westerwelle, die besinnlichen Weihnachtsfeiertage zu nutzen und sich zu überlegen, wie wir wieder in die Offensive kommen.“Aktuellen Umfragen zufolge muss die FDP um ihren Wiedereinzug in den Mainzer Landtag fürchten. Mertin: „Einfach weiter so zu tun, als wäre nichts gewesen — diese Strategie ist über Monate hinweg nicht von Erfolg gekrönt gewesen.“

In Baden-Württemberg unterzeichneten der langjährige Bundestags- und Landtagsabgeordnete Wolfgang Weng, der ehemalige Staatssekretär Georg Gallus sowie der Landtagskandidat in Geislingen, Winfried Hüttl, und dessen Ersatzkandidat Tobias Hösch einen offenen Brief an Westerwelle. Darin fordern die Unterzeichner unmissverständlich Westerwelles Rückzug vom FDP-Vorsitz: „Helfen Sie der Partei unter Zurückstellung persönlicher Interessen und jeder Bunkermentalität aus dem Tief, indem Sie — spätestens an Dreikönig — ankündigen, nicht wieder für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen, sondern Ihre gesamte Arbeitskraft auf die Vizekanzlerschaft und ihr Ministerium zu konzentrieren.“ Baden-Württemberg, wo ebenfalls am 27. März ein neuer Landtag gewählt wird, gilt als Stammland der FDP. Landesvorsitzende ist die FDP-Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger. Ein Sprecher des Landesverbandes sagte auf Anfrage, er könne nicht sagen, ob der offene Brief die Stimmung in der Südwest-FDP wieder gebe.

Die FDP befindet sich seit längerem im Umfragetief. Am Wochenende hatte der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, die Führungsdebatte verschärft, indem er von Auflösungserscheinungen seiner Partei sprach und deren Situation mit der Spätphase der DDR verglich. Für anhaltenden Unmut sorgt auch, dass Westerwelles inzwischen beurlaubter Büroleiter Internas der Koalitionsverhandlungen an die US-Botschaft gab, wie aus Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform Wikileaks hervorgeht. AFP

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