AfD Parteitag Protest gegen AfD-Parteitag: Polizei warnt vor "Eskalation der Gewalt"

Köln. Die Polizei hat vor dem AfD-Bundesparteitag in Köln vor einer Eskalation der Gewalt aus dem linksextremen Spektrum gewarnt. „Wir machen uns große Sorgen“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies am Donnerstag.

 Der Bundesparteitag der AfD findet vom 22. bis 23. April im Maritim-Hotel in Köln statt.

Der Bundesparteitag der AfD findet vom 22. bis 23. April im Maritim-Hotel in Köln statt.

Foto: Marius Becker

Man habe die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern um Unterstützung gebeten. Sie sollten möglichst schon die Anreise von Gewalttätern unterbinden. „Aktuelle Aufrufe der linksextremen Szene zur Verhinderung des AfD-Parteitages untermauern die uns vorliegenden Erkenntnisse, dass mehrere tausend Linksextreme nach Köln kommen werden - und dass sich nach unseren Erkenntnissen auch mehrere hundert gewaltbereite Personen darunter befinden“, sagte Mathies.

 Der Heumarkt in Köln.

Der Heumarkt in Köln.

Foto: Marius Becker

Er zitierte Aufrufe, in denen von „Feuer statt Konfetti“ und einer „Hölle von Köln“ die Rede war. Die Polizei will rund um den Parteitag am Wochenende mehr als 4000 Beamte aufbieten, um die friedlichen Gegendemonstrationen zu schützen und den AfD-Parteitag zu ermöglichen. Es gehe schlichtweg um die Rechte einer nicht verbotenen Partei, die in mehreren Landtagen sitze, betonte Mathies. Er kritisierte vor allem das Bündnis „Solidarität statt Hetze“. Es hatte angekündigt, für Blockaden notfalls auch Absperrungen überwinden zu wollen. Das trage nicht zur Deeskalation bei, sagte der Polizeipräsident.

Die Gefahr eines Anschlags rund um den Kölner AfD-Parteitag hat sich nach Ansicht der Polizei auch durch die Drohungen in einem Bekennerschreiben nach der Dortmunder Bombenexplosion nicht erhöht. „Nach derzeitigem Erkenntnisstand wird durch das Bekennerschreiben die ohnehin schon hohe abstrakte Gefahr eines Anschlags nicht weiter gesteigert“, sagte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies am Donnerstag laut Redemanuskript. Bis heute stehe auch nicht fest, wer das Schreiben mit welcher Absicht verfasst habe.

Nach dem Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund war eine Mail mit rechtsextremistischem Duktus beim Berliner „Tagesspiegel“ eingegangen. Darin wird unter anderem gedroht: „Sollte es in den kommenden Tagen keine Anzeichen für Vernunft geben, wird am 22. April buntes Blut fließen.“ Die Drohung zielt nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen vermutlich auf die zu erwartenden linken Demonstranten gegen den am Wochenende in Köln stattfindenden AfD-Bundesparteitag.

Insgesamt sind in Köln nach Polizeiangaben Demonstrationen mit 50 000 erwarteten Teilnehmern angemeldet. Mehr als 4000 Beamte sollen im Einsatz sein.

Geplant sind gleich mehrere Kundgebungen, Demonstrationszüge und Konzerte. Die Kölner Innenstadt dürfte proppenvoll werden. Insgesamt wurden nach Polizeiangaben Demonstrationen mit 50 000 erwarteten Teilnehmern angemeldet. Fixpunkt dabei ist der Heumarkt, ein Platz in Sichtweite des Tagungshotels der AfD. Sowohl das von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen getragene Bündnis „Köln stellt sich quer“ - bei dem auch Spitzenpolitiker wie NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Grünen-Chef Cem Özdemir vertreten sein wollen - als auch das antirassistische und antifaschistische Bündnis „Solidarität statt Hetze“ planen dort Kundgebungen. Und zwar nacheinander, was logistisch eine gewisse Herausforderung werden dürfte. Etwas außerhalb der Innenstadt treffen sich die Kölner Karnevalisten zu einer Kundgebung. Geplant ist eine Art kleines „kölsches Woodstock“ mit vielen Bands - Karnevalsuniformen sind ausdrücklich erwünscht. Eine Konfliktlinie zeichnet sich bereits vor dem Parteitag zwischen Polizei und der Kampagne „Solidarität statt Hetze“ ab. Sie hatte zuletzt erklärt, auch mit Blockaden die Zugänge zum Tagungshotel „dichtmachen“ zu wollen: „Wenn uns die Polizei Gitter und Zäune in den Weg stellt und das Maritim dadurch faktisch abriegelt, werden wir Möglichkeiten finden, diese Absperrungen zu überwinden.“ Die Polizei wertete das als direkten Aufruf zum Konflikt. Denn sogenannte Verhinderungsblockaden seien nicht erlaubt.

Die Polizei geht davon aus, dass die große Mehrheit der Gegendemonstranten einfach nur friedlich protestieren will - befürchtet zugleich aber, dass auch Gewalttäter aus dem linksextremen Spektrum nach Köln kommen werden. Man habe entsprechende Erkenntnisse, sagt Polizeipräsident Jürgen Mathies. Im Internet sei etwa von einer „Hölle von Köln“ die Rede. „Wir haben konkrete Hinweise darauf, dass Linksextreme im Nachgang zum AfD-Parteitag 2016 in Stuttgart hier in Köln „Rache“ für die dortigen polizeilichen Maßnahmen nehmen wollen“, sagt er. Mehr als 4000 Polizisten sollen im Einsatz sein. Sollten Polizisten angegriffen werden, halte man auch Spezialkräfte und Wasserwerfer bereit. Über der Stadt wurde eine Flugverbotszone eingerichtet.

Das Maritim sieht sich schon seit Wochen einiger Kritik ausgesetzt. Die Hotelkette distanzierte sich deutlich von der AfD und will der Partei künftig keine Tagungsräume mehr zur Verfügung stellen. Ein Zurücktreten aus dem bereits im Frühjahr 2016 geschlossenen Vertrag sei allerdings nicht mehr möglich. Im Hotel übernachten während des Parteitags auch keine anderen Gäste, wie Hotelchef Hartmut Korthäuer dem „Express“ sagte. Man habe sie angeschrieben und mitgeteilt, „dass es wohl kein angenehmer Aufenthalt“ werden könnte. Die meisten hätten Verständnis gezeigt und ihren Aufenthalt vertagt.

Köln ist am Wochenende im Ausnahmezustand. In der gesamten Innenstadt ist mit Verkehrsproblemen zu rechnen. Die Polizei plant wegen der Trubels unter anderem, Hochzeitspaare, die im Rathaus heiraten wollen, an einem Sammelpunkt abzuholen, um ihnen von dort aus den Weg zu ihrem Standesbeamten zu bahnen. Gastronomen in Teilen der Altstadt dürfen keine Tische oder Stühle nach draußen stellen - aus Sicherheitsgründen. Auch einige Geschäfte werden nicht regulär öffnen. Alle anderen hoffen, dass das letzte NRW-Ferienwochenende trotz alledem noch einige Leute zum Shoppen nach Köln locken kann. dpa

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