Polizei fürchtet weitere Salafisten-Krawalle

Bonn (dpa) - Nach den schweren Ausschreitungen in Bonn hat die Polizei Hinweise auf weitere geplante Gewalttaten von Salafisten an diesem Dienstag in Köln. Dort ist eine Wahlkampf-Kundgebung der rechtsextremen Splitterpartei Pro NRW geplant.

Die Behörden haben es mehr als 100 Islamisten verboten, Kölner Stadtgebiet zu betreten, teilte das Innenministerium in Düsseldorf mit. Außerdem dürfen die Rechtsextremisten von Pro NRW nicht in unmittelbarer Nähe einer Moschee demonstrieren und auch keine islamkritischen Karikaturen zeigen.

Verwaltungsgerichte in Minden und Arnsberg haben indes das Zeigen der Mohammed-Karikaturen erlaubt. Bei Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei waren am Samstag in Bonn 29 Polizisten verletzt worden, zwei durch Messerstiche schwer. Gegen einen 25-jährigen Islamisten wurde Haftbefehl wegen dreifachen versuchten Polizistenmordes erlassen. Der Mann aus Hessen sei wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung bekannt, sagte ein Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft. Er habe den Angriff auf die Beamten gestanden, bestreite aber eine Tötungsabsicht.

Als Motiv habe der Mann die Mohammed-Karikaturen genannt, die von Pro NRW gezeigt wurden. Dies habe die Muslime beleidigt. Die Polizisten hätten das ermöglicht. Die Tat des 25-Jährigen ist laut Ermittlern auf einem Video der Polizei festgehalten.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte die Gewalt islamistischer Demonstranten in Bonn. „Wir distanzieren uns ausdrücklich von gewaltbereiten Muslimen, die zur Selbstjustiz anstacheln und die Polizei angreifen“, teilte Generalsekretärin Nurhan Soykan in Köln mit.

Anhänger von Pro NRW zeigen seit gut einer Woche bei Kundgebungen in der Nähe von Moscheen Mohammed-Karikaturen. Bilder von Gott oder den Propheten sind im Islam verboten. Kundgebungen von rund 15 Pro NRW-Anhängern in Bielefeld und Münster sowie Gegendemonstrationen verliefen am Montag ohne Zwischenfälle.

Die Karikaturen waren am 1. Mai in Solingen nahe einer von radikalen Salafisten besuchten Moschee gezeigt worden. Dabei war es erstmals zu Zusammenstößen von Islamisten mit der Polizei gekommen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kündigte nach den gewalttätigen Ausschreitungen Konsequenzen an. „Wir werden diese Angriffe auf den Rechtsstaat und unsere Polizisten nicht dulden und den Druck sowohl gegen Pro NRW als auch gegen die Salafisten maximal erhöhen“, sagte Kraft der „Bild“-Zeitung (NRW-Ausgabe/Montag).

Die Landesregierung werde tun, was rechtlich möglich sei, sagte Kraft weiter. „Dazu gehören Platzverbote für Salafisten, die als gewalttätig aufgefallen sind, ebenso wie die Auflage an Pro NRW, islamkritische Karikaturen nicht mehr zu zeigen.“

Die Beschlüsse in Minden und Arnsberg standen dem am Montag aber entgegen. Das Gericht in Arnsberg erklärte, der Hinweis der Polizei auf gewalttätig verlaufene Veranstaltungen in Bonn und Solingen reiche nicht aus. Bei zahlreichen anderen Veranstaltungen sei es nicht zu Ausschreitungen gekommen.

Am Samstag waren in Bonn 109 mutmaßliche Gewalttäter festgenommen worden. Die Polizei hatte bei ihnen Messer, Schlagwerkzeuge und eine Stahlschleuder mit Kugeln sichergestellt. Knapp 30 Rechtsextremisten standen nach Polizeiangaben 500 bis 600 Gegendemonstranten gegenüber.

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