Plagiate: Das Geschäft mit der Dr.-Jagd

Martin Heidingsfelder deckt Plagiate auf und hat das zu seinem Hauptberuf gemacht.

Düsseldorf. Martin Heidingsfelder spürt im Hauptberuf Plagiate in Doktorarbeiten auf. Auf seinen Webseiten wurden bereits zahlreiche Politiker durchleuchtet und verloren ihren Titel. Jüngstes Beispiel: Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Heidingsfelder, was ihn zur Jagd motiviert.

Herr Heidingsfelder, welche Politiker haben durch Ihre Webseiten schon ihren Doktortitel verloren?

Martin Heidingsfelder: Angefangen habe ich bei Karl-Theodor zu Guttenberg im „Guttenplag Wiki“. Über die von mir gegründete Seite „Vroniplag Wiki“ habe ich zum Beispiel an den Fällen Georgios Chatzimarkakis und nun Annette Schavan mitgewirkt.

Wen nehmen Sie nun ins Visier?

Heidingsfelder: Derzeit prüfe ich, in welche Richtung die Geldeingänge auf unserem Konto laufen, und entsprechend werden wir dann eine Promotion überprüfen. Aus vielen kleinen Einzahlungen wird so ein Gesamtauftrag.

Sie bieten gezielte Prüfungen an?

Heidingsfelder: Das ist mein Kerngeschäft. Persönlich sehe ich mich als eine Art Wissenschaftskriminalist. Im Auftrag von Kunden suche ich, die Webseiten sind ein öffentliches Zusatzangebot.

Wer beauftragt Sie und mit welchem Interesse?

Heidingsfelder: Es ist klar, wer mir das Geld überweist und wohin die Rechnung geht. Aber nach Motiven frage ich nicht und kann auch nicht sagen, ob der Auftraggeber eventuell nur ein Strohmann ist.

Sind Sie so etwas wie ein moderner Kopfgeldjäger?

Heidingsfelder: Nein, ich werde ja nicht dafür bezahlt, dass ich jemandem den Kopf abreiße, sondern dafür, dass ich untersuche, ob jemand in seiner wissenschaftlichen Arbeit gegen formale Regeln verstoßen hat.

Woher haben Sie die fachliche Kompetenz für die Bewertungen?

Heidingsfelder: Die fachliche Kompetenz habe ich oft nicht. Wir prüfen aber auch nicht fachliche Dinge, sondern formale Aspekte. Und da habe ich über die Fachgebiete hinweg mittlerweile genug Erfahrung. Wenn es fachlich nicht ausreicht, wie beispielsweise bei der Arbeit von Angela Merkel, hole ich mir über mein Netzwerk noch fachlichen Beistand hinzu.

Das heißt, Frau Merkel wird durchleuchtet?

Heidingsfelder: Es gab eine Voruntersuchung zu Frau Merkel, und die wurde vor rund einem Jahr abgeschlossen. Für eine weitere Untersuchung brauche ich derzeit fachliche Hilfe von außen.

Ist es korrekt, dass Ihnen eine hohe Summe geboten wurde, für den Fall, dass Sie Fehler bei Frau Merkel finden?

Heidingsfelder: Das stimmt, aber zur Summe will ich nichts sagen.

Sie sind Bundestagskandidat der Piraten. Wie unabhängig sind Sie dadurch noch?

Heidingsfelder: Unabhängig war ich immer. Meine Webseiten sind kein Piraten-Projekt. Außerdem habe ich auch Piraten mit Doktortitel auf meiner Liste.

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