Analyse Opposition zielt auf Finanzminister Scholz, den Hüter der „roten Null“

Berlin · Zum Auftakt der Etatdebatte muss sich der Finanzminister traditionell einiges anhören. Das ist auch diesmal nicht anders.

Verteidigt seinen 356-Milliarden-Etat: Finanzminister Olaf Scholz.

Verteidigt seinen 356-Milliarden-Etat: Finanzminister Olaf Scholz.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

. Die Kanzlerin und der Kassenwart sind gerade im Gespräch vertieft, als die Lobeshymne von SPD-Haushälter Johannes Kahrs ihren Höhepunkt erreicht: Der neue Etat sei „sozial, gerecht und macht keine neuen Schulden – vielen Dank, Olaf Scholz“. Da blickt sein Parteifreund kurz auf und fühlt sich geschmeichelt.

Haushaltswoche im Bundestag – das ist immer ein Höhepunkt im parlamentarischen Alltag. Vier Tage lang werden alle Einzeletats getrennt debattiert. Und während sich die Vertreter der Regierungsparteien dabei immer wieder auf die Schultern klopfen, lässt die Opposition an dem Zahlenwerk kein gutes Haar.

Zum sechsten Mal in Folge steht die „schwarze Null“

So läuft es auch bei den Auftaktberatungen am Dienstag. Scholz steht ganz im Zentrum des Geschehens, weil es sich um den ersten Bundeshaushalt handelt, für den der Sozialdemokrat selbst voll verantwortlich zeichnet. Der wegen der späten Regierungsbildung erst im Sommer verabschiedete Etat für 2018 trug noch die Handschrift seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU). Trotzdem gibt es einige Parallelen. Der Haushalt für 2019 ist der sechste in Folge mit einer „schwarzen Null“, also ein Etat ohne neue Kredite. Und das Geld wird weiter mit vollen Händen ausgegeben. Mehr für Verteidigung und Entwicklungshilfe, aber vor allem für Soziales: höheres Kindergeld, Entlastungen für Familien und weitere Rentenverbesserungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Scholz kalkuliert mit Gesamtausgaben von gut 356 Milliarden Euro im kommenden Jahr, rund 13 Milliarden mehr als 2018. Dabei hat die jüngste Steuerschätzung ergeben, dass die Finanzspielräume deutlich enger werden. Und der Bundesrechnungshof kritisierte erst kürzlich, die aktuell noch guten Rahmenbedingungen für den Bundeshaushalt erzeugten eine „Scheinsicherheit“.

Solche Warnungen sind eine Steilvorlage für die Opposition. Peter Böhringer, der Chefhaushälter von der AfD, hält Scholz vor, nur durch Trickserei zu einem ausgeglichenen Etat zu kommen. So seien auch im kommenden Jahr keine Rückstellungen für Euro-Risiken eingeplant. Am Ende werde Deutschland auch den Brexit allein finanzieren, empört sich Böhringer. Der FDP-Fachmann Otto Fricke spricht von einer „gequetschten schwarzen Null“, die eigentlich eine „rote Null“ sei, weil Scholz nur durch einen Griff in die Rücklagen (zum Beispiel für Flüchtlinge) ohne neue Schulden auskomme. Und er geißelt diverse Scholz-Ideen, „die eines Finanzministers nicht würdig sind“.

Angebote an die Unzufriedenen in den eigenen Reihen

Tatsächlich hat sich der Kassenwart bislang nicht mit Sparvorschlägen hervorgetan, wie es in seiner Zunft eigentlich Sitte ist. Stattdessen regte der spröde Hanseat eine Fülle von Mehrausgaben an. Dazu zählen ein Mindestlohn von zwölf Euro, eine „Rentengarantie“ bis zum Jahr 2040 sowie eine europäische Arbeitslosenversicherung, die mittels eines EU-Fonds dann einspringen soll, wenn krisengeschüttelte Mitgliedstaaten mit ihrer hohen Erwerbslosigkeit überfordert sind. Zweifellos zielen solche Vorstöße in erster Linie auf Unzufriedene in den eigenen Reihen, die in Scholz tatsächlich nur eine Schäuble-Kopie sehen. Prompt verteidigt der Bundesfinanzminister im Plenum dann auch noch einmal seine Idee für ein europaweites Sicherungsnetz gegen Arbeitslosigkeit – wohl wissend, dass die Union dazu schon klar „Nein“ gesagt hat. Und er redet viel über den „Zusammenhalt der Gesellschaft“, über Familien, eine Grundrente und den Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Nur zur aktuellen Hartz-IV-Debatte in der SPD verkneift sich Scholz jeden Kommentar. Bekannt ist aber, dass er von einer Abschaffung des Fördern-und-Fordern-Prinzips rein gar nichts hält.

Am Ende klopft sich auch Scholz selbst auf die Schulter: „Eine gute Finanzpolitik ist der Stabilitätsanker unseres Gemeinwesens und sie ist auch ein Markenzeichen dieser Koalition“.

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