Interview mit SPD-Bildungsexperte „Deutsch-Forderung“ in Grundschule - Was der Koalitionspartner zum Unionsvorschlag sagt

Berlin · Oliver Kaczmarek, SPD-Bildungsexperte, hält nichts davon, Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen nicht einzuschulen.

 Oliver Kaczmarek (SPD).

Oliver Kaczmarek (SPD).

Foto: picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm

Unionsmann Carsten Linnemann will Kinder, die kaum Deutsch sprechen, nicht zur Grundschule zulassen. Aus Sicht des SPD-Bildungsexperten Oliver Kaczmarek taugt der Vorschlag nichts. Vielmehr müssten alle Kinder vor dem Schuleintritt richtig Deutsch sprechen können, so der Bundestagsabgeordnete im Gespräch mit unsere Redaktion.

Herr Kaczmarek, kein Grundschulbesuch ohne Deutschkenntnisse, was hält die SPD davon?

Kaczmarek: Gar nichts halten wir davon. Das ist keine gute Forderung, die Herr Linnemann hinausposaunt hat. Sie ist ja auch innerhalb der Union höchst umstritten. Wenn wir wollen, dass auch Kinder mit Migrationshintergrund einen guten Start haben, müssen wir sie bereits fördern, bevor sie in die Grundschule kommen. Nämlich in der Kita.

Was steckt aus ihrer Sicht hinter der Forderung?

Kaczmarek: Wahrscheinlich ist das lediglich der Versuch, am rechten Rand Wähler für die Union zurückzugewinnen. Gelingen wird das Linnemann nicht. Niemand will doch Parallelgesellschaften. Aber gerade in der jetzigen Debatte über schwere Straftaten, die wir erlebt haben, eine solche Forderung zu erheben, schadet allen Integrationsbemühungen. Das ist ein unnützer Schnellschuss.

Deutsch ist eine Voraussetzung für den Bildungserfolg. Muss es nicht eigentlich darum gehen?

Kaczmarek: Das stimmt. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass alle Kinder vor dem Schuleintritt richtig Deutsch sprechen können - und zwar egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Ich würde mich freuen, wenn Herr Linnemann uns beispielsweise darin unterstützen würde, das sehr gute Programm Sprach-Kita weiter auszubauen. Es ermöglicht eine ganz gezielte Förderung der Sprachkenntnisse aller Kinder, bevor sie in die Schule kommen.

Fehlt es für eine bessere Förderung nicht vor allem an Geld und Personal?

Kaczmarek: Das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Wir brauchen mehr Menschen, die sich für den Lehrerberuf entscheiden, die Erzieher werden wollen. Familienministerin Franziska Giffey hat einen guten Impuls mit ihrer Fachkräfteoffensive für den Erzieherberuf gesetzt. Das ist genau der richtige Weg. Wenn wir bei ungleichen Startchancen früh fördern wollen, müssen wir vor der Schule anfangen. Das hat ja selbst die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die aus derselben Partei wie Herr Linnemann kommt, deutlich gemacht.

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