Olaf Glaeseker vor Gericht: „Christian Wulff wusste alles“

Der ehemalige Sprecher des Alt-Bundespräsidenten, Olaf Glaeseker, streitet die Bestechlichkeitsvorwürfe vor Gericht ab.

Hannover. Am Montag am weltweiten Anti-Korruptions-Tag im Landgericht Hannover: Nach Ex-Bundespräsident Christian Wulff steht nun auch dessen einstiger Vertrauter Olaf Glaeseker vor Gericht.

Der 52-Jährige muss sich ausgerechnet an diesem Tag gegen den Vorwurf der Bestechlichkeit wehren. Den Saal 127 kennt auch Wulff, seit dem 14. November wird dort gegen ihn verhandelt. In beiden Fällen, so unterschiedlich sie im Detail sind, geht es um die Frage: Wie lassen sich Freundschaft und Geschäft sauber trennen?

Dabei sind die materiellen Streitwerte überschaubar: Glaeseker wird vorgeworfen, dass er sich als niedersächsischer Regierungssprecher von Partymanager Manfred Schmidt zu Gratis-Flügen und Urlauben einladen ließ — für knapp 12 000 Euro. Bei Wulff geht es um rund 700 Euro.

Bei den Vorwürfen wird bereits ein wichtiger Unterschied der laut Staatsanwaltschaft „im Kern identischen“ Fälle sichtbar: Wulff sagt, er habe erst später davon erfahren, dass ein Teil der Kosten von seinem Freund übernommen wurde, er habe das Geld dann zurückgezahlt. Glaeseker betont, für Bestechlichkeit gebe es in seiner fast 20-jährigen Freundschaft zu Partymanager Schmidt keinen Raum. Auch er habe Schmidt privat beschenkt.

Für die Ermittler steht dennoch fest: Glaeseker und Wulff ließen sich durch Vergünstigungen beeinflussen. Während Wulff für den Produzenten David Groenewold bei Siemens um Unterstützung für dessen Film „John Raabe“ bat, soll Glaeseker sich für Schmidt um Sponsorengelder zur Finanzierung von dessen Nord-Süd-Dialog-Partys in Stuttgart und Hannover ins Zeug gelegt haben.

Glaeseker sagt im Gericht, sein Engagement habe allein dem Land Niedersachsen und seinem Chef Wulff gegolten — damals Ministerpräsident. „Die Flüge und gemeinsamen Besuche mit meiner Frau bei unserem Freund Manfred Schmidt in Spanien und Frankreich haben und hätten in den zurückliegenden zehn Jahren genauso auch ohne eine einzige Nord-Süd-Veranstaltung stattgefunden, weil zwischen uns ein fast familiäres Verhältnis besteht.“

Im Gegensatz zu Wulff gibt sich Glaeseker in seiner Einlassung, in der er immer wieder um Fassung ringt, aber auch selbstkritisch: „Ich habe rückblickend einen Fehler gemacht“, sagt er. Dazu zähle auch, dass er keinen Dienst nach Vorschrift gemacht habe. Zu seiner eigenen Absicherung hätte er „schriftlich anzeigen sollen“, mit Manfred Schmidt „seit soundso vielen Jahren eng befreundet“ zu sein. „Ich habe es nur deswegen nicht schriftlich festgehalten, weil ich wusste, dass mein Chef von der Freundschaft und den Urlauben bei meinem Freund wusste.“

Wulff habe immer von Glaesekers Aktivitäten gewusst, berichtet auch Schmidt in seiner schriftlichen Einlassung: „Es ist undenkbar, dass Wulff nichts davon gewusst hat.“ Damit widersprechen beide dessen Zeugenaussage. Im Juni 2012 hatte Wulff erklärt, weder von der langjährigen Freundschaft noch von den Besuchen Glaesekers gewusst zu haben.

Die Frage ist nun, ob Wulff in seiner für Februar vorgesehen Vernehmung bei seiner Aussage bleibt — oder ob er sie präzisiert und so Glaeseker entlastet. Denn es gibt Zweifel an Wulffs Darstellung: Nicht nur Glaeseker, auch Wulffs Ex-Frau Bettina sowie die gemeinsame Tochter sollen mehrfach bei Schmidt zu Gast gewesen sein.

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