Öffentlicher Dienst: Forderung nach 6,5 % mehr Geld

Berlin (dpa) - Im öffentlichen Dienst droht eine harte Tarifauseinandersetzung. Die Gewerkschaften fordern für die rund zwei Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen 6,5 Prozent mehr Geld - mindestens aber 200 Euro.

Die kommunalen Arbeitgeber bügeln die Forderung als „illusorisch“ ab. Sie verweisen auf die hohen Schulden der öffentlichen Kassen und eine sich abschwächende Konjunktur. Die Gespräche beginnen am 1. März.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Tarifunion des Beamtenbundes dbb beschlossen ihre Tarifforderung am Donnerstag in Berlin. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Neben der Metallbranche, für die ebenfalls 6,5 Prozent gefordert werden, gilt der öffentliche Dienst als Schwerpunkt der diesjährigen Tarifverhandlungen.

Verdi-Chef Frank Bsirske begründete die Tarifforderung damit, dass die letzte Lohnsteigerung die Inflationsrate nicht ausgeglichen habe. „Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst mussten im vergangenen Jahr Reallohnverluste von 0,6 Prozent hinnehmen“, sagte er. „Dadurch hat sich der Abstand zu den Einkommen der Privatwirtschaft weiter vergrößert.“ Schon heute gebe es einen Fachkräftemangel bei Erziehern und in der Pflege.

Der Chef des Beamtenbundes, Peter Heesen, sagte, 2011 habe der öffentliche Dienst rund sechs Prozent hinter dem allgemeinen tariflichen Lohnzuwachs zurückgelegen. Der Arbeitsplatzabbau habe zu einer enormen Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten geführt. „Wenn wir nicht die Zukunft unseres Gemeinwesens verzocken und im Wettbewerb um immer knapper werdende Fachkräfte unterliegen wollen, muss jetzt eine spürbare Erhöhung der Einkommen her“, sagte er. Das Tarifergebnis müsse am Ende - wie in den Vorjahren - auch auf die Bundesbeamten, Richter und Soldaten übertragen werden.

Der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA), Thomas Böhle, entgegnete: „Die Forderungshöhe der Gewerkschaften ist völlig aus der Luft gegriffen. Sie steht in keinem Verhältnis zu den finanziellen Möglichkeiten der Kommunen.“ Würden die Forderungen umgesetzt, kämen Mehrkosten in Höhe von rund sechs Milliarden Euro auf die Kommunen zu. Der Schuldenstand der Kommunen habe 2011 eine Rekordsumme von 128,7 Milliarden Euro erreicht.

VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann widersprach auch der Darstellung der Gewerkschaften, wonach die Beschäftigten einen Nachholbedarf hätten. „Ein Nachholbedarf würde bedeuten, dass die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst geringer waren als in der Gesamtwirtschaft, und dass nun genügend Geld da sei, einen Nachschlag zu finanzieren. Beides trifft nicht zu.“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der für den Bund verhandelt, verwies darauf, dass die Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung für 2012 nur noch ein Wachstum von 0,7 Prozent sehen. Er bezeichnete die Gewerkschaftsforderungen als „zu hoch“. „Die Gewerkschaften stellen sogar noch höhere Forderungen als 2011 gegenüber den Ländern, trotz sinkender Wachstumsprognosen.“ Friedrich erwartet nach eigenen Angaben schwierige Verhandlungen.

Nach dem Auftakt der Tarifverhandlungen am 1. März in Potsdam sind zunächst zwei weitere Verhandlungen bis Ende März vorgesehen. Bei der vergangenen Tarifrunde im Jahr 2010 hatte es erst nach Warnstreiks und einem Schlichterspruch einen Kompromiss gegeben.

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