NSU-Terror: Die Angst im Leben danach

Am Montag spricht Bundespräsident Joachim Gauck mit Hinterbliebenen der NSU-Mordopfer. Doch nicht alle wollen der Einladung folgen.

Berlin. Aysen Tasköprü kommt nicht. Sie hat es Joachim Gauck geschrieben. Und sie hat dem Staatsoberhaupt eine ziemlich direkte Frage gestellt: „Was wollen Sie an unserem Leid ändern? Glauben Sie, es hilft mir, wenn Sie betroffen sind?“

Was Gauck über Tasköprüs Fragen denkt, ist nicht bekannt. Doch wenn der Bundespräsident am Montag in Schloss Bellevue Hinterbliebene der Mordopfer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) trifft, wird Tasköprü nicht da sein, obwohl sie eingeladen ist.

Die Schwester des ermordeten Süleyman Tasköprü fühle sich dem Treffen, zu dem Gauck etwa 70 Hinterbliebene der NSU-Mordopfer hat einladen lassen, „nicht gewachsen“. Jedenfalls nicht allein. Wie einige andere Angehörige auch habe die 38 Jahre alte Türkin ihre Anwältin mitnehmen wollen. Doch das Bundespräsidialamt lehnte ab.

Das auf etwa zwei Stunden angesetzte Treffen ist vertraulich. Gauck will zuhören, einiges über die Anregungen der Hinterbliebenen erfahren. Man habe den Kreis der Teilnehmer überschaubar halten wollen, damit der Bundespräsident mit möglichst vielen Familienangehörigen ins Gespräch kommen könne, heißt es im Bundespräsidialamt.

Deshalb: keine Anwälte auf der Gästeliste. Doch Tasköprü ist enttäuscht. „Es wäre empathisch von Ihnen gewesen, nicht darauf zu bestehen, dass ich allein komme“, schrieb die Türkin an Gauck.

Wie wichtig Gauck die Aufarbeitung der Mordserie ist, hatte der Bundespräsident bereits vor kurzem gezeigt. Er empfing die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses, die Licht ins Dunkel der auch durch Pannen des Verfassungsschutzes ermöglichten Mordserie bringen wollen.

Zwischen 2000 und 2007 haben die Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt demnach acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinhändler sowie eine Polizistin umgebracht. Die Täter sollen sich 2011 erschossen haben. Gegen ihre Komplizin Beate Zschäpe hat die Bundesanwaltschaft inzwischen Anklage erhoben.

Gauck jedenfalls betonte bei dem Treffen mit den Mitgliedern des NSU-Untersuchungsausschusses, die Morde und Anschläge, die der Zwickauer Terrorzelle zur Last gelegt werden, müssten vollständig aufgeklärt werden. Im April oder Mai hat Aysen Tasköprü übrigens eine neue Chance: Dann will sich Kanzlerin Angela Merkel mit den Hinterbliebenen treffen.

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