Neumitglieder-Kampagne: Jusos massiv in der Kritik
Parteivize Malu Dreyer kritisiert Parteinachwuchs der SPD für Idee kurzzeitiger Mitgliedschaften.
Berlin/Düsseldorf. Können die Jusos die große Koalition mit ihrer Neumitglieder-Kampagne kippen? Die Chancen dafür sinken, denn die SPD-Führung plant, per Stichtag festzulegen, bis wann man eingetreten sein muss, um über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen zu dürfen — und ab wann nicht mehr. Dem Vernehmen nach sind der 29. Januar oder aber eine Woche später im Gespräch. Allerdings wird im Willy-Brandt-Haus darauf verwiesen, dass ein Stichtag notwendig und nichts Neues sei.
Wegen der Juso-Aktion rumort es an der Basis. Wenn man derzeit mit Genossen in Berlin spricht, dann berichten sie nichts Gutes aus ihren Wahlkreisen. Der Ärger über den Parteinachwuchs sei besonders bei älteren Mitgliedern groß, erzählt ein Abgeordneter. Der Tenor sei: „Sozialdemokrat ist man aus Überzeugung, nicht für zehn Euro und nicht für zwei Monate.“ Mit diesem Angebot, zwei Mindestmonatsbeiträge, hatten die Jusos speziell aus Nordrhein-Westfalen Neumitglieder geködert, damit sie dann gegen einen möglichen Koalitionsvertrag mit der Union stimmen. Man könne dann ja wieder austreten. Diese Kampagne, berichtet ein anderer SPD-Mann, sei vor Ort „verheerend“ angekommen.
Am Mittwoch zumindest übte sich der Chef der NRW-Jusos, Frederick Cordes, in Selbstkritik, der mit seiner markigen Aussage „Einen Zehner gegen die Groko“ in den Reihen der Genossen viel Staub aufgewirbelt hatte. „Ich habe diesen Satz mit einem Augenzwinkern formuliert - teilweise ist das falsch interpretiert worden“, ruderte der Oberhausener im Gespräch mit dieser Zeitung zurück. Es sei nie geplant gewesen, die Äußerung zum Motto einer Kampagne gegen die große Koalition zu machen. In dem Interview hatte Cordes angeregt, mit einem Mitgliedsbeitrag für zwei Monate möglichst viele Mitglieder in die Partei zu holen, um beim Mitgliederentscheid gegen die Groko stimmen zu können.