Nahles-Reform: Letzte Runde im "Rentendialog"

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat am Montag den sogenannten Rentendialog abgeschlossen. Damit geht ihre geplante Reform auf die Zielgerade. Kernpunkte sind eine Untergrenze beim Rentenniveau und eine Obergrenze bei den Beiträgen.

 Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat den Rentendialog abgeschlossen.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat den Rentendialog abgeschlossen.

Foto: dpa

Berlin. Anfang Juli hatte Nahles einen "Rentendialog" mit Spitzenvertretern von Gewerkschaften, Wirtschaft und Sozialverbänden zur Zukunft der Alterssicherung gestartet. Nach der letzten Sitzung am Montag zeichnen sich einige gemeinsame Lösungsansätze ab.

So sollen künftig auch Selbständige zur Altersvorsorge verpflichtet werden, wobei die Details noch unklar sind. Für Erwerbsgeminderte könnte die Rente aufgestockt werden. Zusammen mit den Geringverdienern sind diese beiden Gruppen besonders von Altersarmut gefährdet. Auch sollen Riester- oder Betriebsrenten nicht mehr voll auf die staatliche Grundsicherung im Alter angerechnet werden, um die Attraktivität der zusätzlichen Vorsorge für ärmere Schichten zu erhöhen. Die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene "Lebensleistungsrente" für langjährige Geringverdiener ist dem Vernehmen nach vom Tisch.

Offiziell will Nahles ihr Reformkonzept Mitte November präsentieren. Danach dürften noch schwierige Gespräche mit der Union ins Haus stehen. So hatte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn zuletzt mehrfach vor "Panikmache" im Zusammenhang mit der Debatte über Altersarmut gewarnt.

Sowohl Nahles als auch CSU-Chef Horst Seehofer stellten am Montag klar, dass es auch weiterhin eine "doppelte Haltelinie" geben soll. Also eine Untergrenze für das künftige Rentenniveau und eine Obergrenze bei der künftigen Beitragshöhe. Nach geltendem Recht darf bis 2030 der Rentenbeitrag (aktuell 18,7 Prozent) nicht über 22 Prozent steigen und das Rentenniveau (derzeit 47,8 Prozent) nicht unter 43 Prozent sinken. Ohne weitere Eingriffe würde der Beitrag bis 2045 aber auf 23,4 Prozent steigen und das Rentenniveau auf 41,6 Prozent fallen.

Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis einer sogenannten Standardrente nach 45 Versicherungsjahren bei stets durchschnittlichem Verdienst zum aktuellen Durchschnittslohn. Bezogen auf den Einzelnen sagt diese statistische Größe wenig aus, da sich die individuelle Rente nach dem persönlichen Einkommen über das gesamte Erwerbsleben hinweg richtet.

Politisch ist das Rentenniveau allerdings zum großen Zankapfel geworden. Die Gewerkschaften wollen es am liebsten auf den heutigen Stand einfrieren, was langfristig 40 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich kosten würde. Eine mögliche Lösung wäre, das Sicherungsniveau auch nach 2030 bei mindestens 43 Prozent zu halten. Auch das würde mehr Geld kosten, das dann wohl aus dem Steuertopf kommen müsste. Darauf deutet Nahles' ablehnende Reaktion auf einen Vorstoß von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley hin. Ihre Parteifreundin hatte sich für die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze für Gutverdiener stark gemacht.

Diese Grenze markiert die jeweils aktuelle Bruttolohnhöhe, bis zu der Rentenbeiträge fällig sind. Im Westen liegt sei derzeit bei 6200 und im Osten bei 5400 Euro im Monat. Durch eine Abschaffung der Bemessungsgrenze käme kurzfristig zwar mehr Geld in die Rentenkasse. Im deutschen Rentensystem gilt jedoch das Äquivalenzprinzip. Das heißt, höhere Einzahlungen führen auch zu höheren, individuellen Rentenansprüchen. Damit verschärfe sich das Problem noch, argumentierte Nahles.

Wolle man höhere Einkommen stärker heranziehen, müsse vielmehr der Steuerzuschuss zur Rentenkasse steigen, so die Ministerin. Womöglich ist aber auch noch bei den Beiträgen etwas Luft, um Rentenverbesserungen zu finanzieren. Nach vorläufigen Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung muss der Beitrag wegen der guten Wirtschaftslage wahrscheinlich erst im Jahr 2022 wieder steigen - und zwar minimal um 0,1 Prozentpunkte auf dann 18,8 Prozent. Die Bundesregierung hatte bislang mit einem deutlichen Sprung auf 19,3 Prozent schon im Jahr 2021 gerechnet.

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