SPD in der Krise Nahles drohen Chaostage - Wer spielt welches Spiel?

Berlin · Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles steht mächtig unter Druck. Die Blicke richten sich auf die nächsten Wahlen.

 Enttäuschende Bilanz: Andrea Nahles vor Journalisten in Berlin.

Enttäuschende Bilanz: Andrea Nahles vor Journalisten in Berlin.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die Genossen sind in diesen Tagen mal wieder nicht zu beneiden. Kaum verkündet Arbeitsminister Hubertus Heil sein Milliardengeschenk einer „Respektrente“, schon grätscht Finanzminister Olaf Scholz warnend dazwischen. Abstimmung sieht anders aus. Die SPD kommt nicht vom Fleck. Schlimmer noch: Bei den anstehenden Wahlen droht sie in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Wer spielt jetzt welches Spiel?

Andrea Nahles

Die Enttäuschung über die Partei- und Fraktionschefin ist groß. Nahles ist es nicht gelungen, nach der desaströsen Bundestagswahl die SPD flott zu machen. Im Gegenteil: Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen gingen verloren. Hinzu kommen überdrehte Auftritte („Bätschi“) und Fehler wie in der Maaßen-Affäre.

Auf einer Klausur am Wochenende will man das Ruder nun endlich herumreißen mit Beschlüssen, die das soziale Profil schärfen sollen. Wird die Europawahl dennoch zum Debakel, und sollte zugleich das Stammland Bremen abhandenkommen, drohen Nahles und der SPD Chaostage.

Olaf Scholz

Von der ruhigen Hand des Finanzministers und Vizekanzlers haben sich viele erhofft, dass sich das Regieren für die SPD in der umstrittenen Groko doch auszahlt. Die Hoffnung ist zerplatzt. Gleichwohl drängt Scholz immer mehr in die Offensive. Er will jetzt noch mehr als Sparkommissar punkten, als Hüter der schwarzen Null. Genau das dürfte ihn aber in der Partei nicht beliebter machen. Seine Einlassung, sich die Kanzlerkandidatur vorstellen zu können, kam zur Unzeit und hat viele verärgert. Womöglich signalisierte er deshalb Zustimmung zu Heils Grundrente-Modell.

Stephan Weil und Manuela Schwesig

Nicht gerade viele kommen in Betracht, sollte die SPD mal wieder das Zugpferd wechseln. Falls die Partei bei den anstehenden Wahlen untergeht, werden hinter den Kulissen immer der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil und die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, als potentielle Nahles-Nachfolger genannt. Beiden wird ein großer Machtwille unterstellt. Weil gilt als erfolgreicher Wahlkämpfer und als besonders verlässlich. Einer, der auch bürgerliche Wähler ansprechen könnte.

Franziska Giffey

Die Berlin-Neuköllnerin ist so etwas wie die Geheimfavoritin für eine mögliche Nahles-Nachfolge. Akribisch hat sie sich in ihr Amt als Familienministerin eingearbeitet, sie kennt die Probleme der Menschen aus ihrer Zeit als Bezirksbürgermeisterin. Giffey ist „nah bei de Leut“, wie der frühere Vorsitzende Kurt Beck immer gefordert hat. Und sie ist die SPD-Ministerin, die erfolgreich ihre Vorhaben umsetzt.

Martin Schulz

Der bei der Bundestagswahl gefallene Superstar lauert auf seine zweite Chance. Angeblich hatte Schulz gehofft, Spitzenkandidat für die Europawahl zu werden, doch das kam für die Parteioberen nicht in Frage. Nun heißt es, falls Nahles im Frühjahr zumindest den Posten der Fraktionschefin aufgeben sollte, stehe Schulz bereit. Seine leidenschaftlichen Auftritte im Bundestag gegen die AfD klangen bereits wie Bewerbungsreden.

Sigmar Gabriel

Der Ex-SPD-Chef und Außenminister wurde von Nahles und Scholz aufs Altenteil abgeschoben. Er hat noch eine Rechnung offen. Daran lässt Gabriel bei Twitter keinen Zweifel – zuletzt konnte er sich beim Lob für Heils Rentenpläne einen Seitenhieb gegen Nahles als frühere Arbeitsministerin nicht verkneifen. Als er allerdings noch amtierte, haben die Genossen kein gutes Haar an ihm gelassen. Wegen seines barschen Führungsstils und der inhaltlichen Unstetigkeit. Aber Gabriel hat politischen Instinkt. Deswegen wünschen sich viele ein Revival – er offenbar auch.

Gerhard Schröder

Wie bei den legendären „Muppets“ sitzt der Altkanzler derzeit auf dem Balkon und gibt seiner Partei gute „Rat“-Schläge. Sie bestehen darin, Nahles anzugreifen, ihr „Amateurfehler“ zu unterstellen und Gabriel anzupreisen. Schröder geht es darum, sein Erbe der Agenda 2010 zu verteidigen, das die Vorsitzende jetzt schleifen will. Zudem hat Schröder von Nahles nie viel gehalten – umgekehrt sie von ihm aber auch nicht.

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