Nach Thüringen-Eklat Union im Krisenmodus stellt sich hinter AKK

Berlin · Die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erhält nach dem Thüringen-Eklat Rückendeckung von ihrer Partei – doch neuer Streit steht schon bevor.

 Annegret Kramp-Karrenbauer nach der Krisensitzung des CDU-Präsidiums am Freitag im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin.

Annegret Kramp-Karrenbauer nach der Krisensitzung des CDU-Präsidiums am Freitag im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Es war eine kurze Nacht für Annegret Kramp-Karrenbauer. Nach anstrengenden Beratungen in Erfurt fuhr sie gegen ein Uhr am Freitagmorgen zurück nach Berlin, schon um zehn Uhr kamen dann die anderen CDU-Führungskräfte ins Konrad-Adenauer-Haus zur Krisensitzung. Die Stimmung – gedrückt. Viele waren sauer. Aber nicht auf AKK.

Mike Mohring ist nun erst einmal der Buhmann der Union. Der CDU-Fraktionsvorsitzende in Thüringen, der im Mai zurücktreten will, musste sich erneut jede Menge Kritik im Präsidium anhören. Er habe augenscheinlich „seinen Laden nicht im Griff“, motzte dem Vernehmen nach ein Teilnehmer. Der Hauptvorwurf: Mohring habe nicht verhindert, dass die CDU-Abgeordneten im Landtag den FDP-Kandidaten wählten, obwohl absehbar gewesen sei, dass die AfD mitstimmen würde.

Viele Wortmeldungen gab es. Kritisiert wurde auch FDP-Chef Christian Lindner, der die Kandidatur seines Parteifreundes Thomas Kemmerich nicht abgewendet habe. Bodo Ramelow nahmen die CDU-Granden bei der Diskussion ebenfalls ins Visier. Der abgewählte Ministerpräsident der Linken trage die Schuld für die verfahrene Situation, weil er ohne Mehrheit im Parlament angetreten sei. Kritik an Kramp-Karrenbauer? Offenbar Fehlanzeige. Stattdessen bekamen noch zwei CDU-Männer ihr Fett weg – der Vorsitzende der Jungen Union, Tilmann Kuban, und Mittelstandschef Carsten Linnemann. Beide hatten sich gegen Kramp-Karrenbauers Forderung nach Neuwahlen ausgesprochen und der Parteispitze mangelnde Führungskraft vorgeworfen.

Alles andere als angeschlagen wirkte die CDU-Vorsitzende dann auch nach der Sitzung vor der Presse.  Obwohl sie sich bei den Parteifreunden in Erfurt mit ihrem eindringlichen Wunsch nach Neuwahlen nicht durchsetzen konnte und mit fast leeren Händen nach Berlin zurückgekehrt war. Doch in Krisenzeiten schließt die Union wie so oft die Reihen. AKK sei hoch angerechnet worden, so der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans zu unserer Redaktion, dass sie sich in Thüringen ein Bild der Lage gemacht habe. „Wichtig ist, dass die CDU Kurs hält“, so Hans.

Vorerst ist das nun der Fall. Das Präsidium einigte sich einstimmig auf einen sechs Punkte umfassenden Beschluss. In Thüringen müsse nun schnell für klare Verhältnisse gesorgt werden, erläuterte AKK. „Wir sind nach wie vor im Präsidium der Meinung, dass Neuwahlen dafür der klarste Weg sind.“ Die Signale von SPD, Grünen und Linken seien jedoch andere. Weiterhin gelte: Von der CDU gebe es keine Stimme für einen Kandidaten der Linken oder der AfD, auch für niemanden, der auf Stimmen der AfD angewiesen sei. Dann ließ AKK eine kleine Bombe platzen: Man erwarte die Bereitschaft von SPD und Grüne, einen Kandidaten zu präsentieren, der das Land eine. „Die CDU ist zur konstruktiven Mitarbeit bereit.“ Genannt wurde am Rande Wolfgang Tiefensee. Thüringens SPD-Chef reagierte prompt. Die Union versuche lediglich, Rot-Rot-Grün zu spalten.

Die Abkehr von der ursprünglich so resoluten Forderung nach Neuwahlen könnte womöglich auch etwas mit der jüngsten Umfrage zu tun haben: Sollte in Thüringen neu gewählt werden, würde die Union abstürzen und gut zehn Prozent einbüßen, nachdem man bei der Landtagswahl schon miserable 21,7 Prozent eingefahren hat. Ein Verlust, der dann auch Kramp-Karrenbauer angekreidet würde. Nach den Erfurter Ereignissen geht durch die Partei jedenfalls ein Riss – die einen bejubeln die Abwahl des Linken Ramelow und das Vorgehen der Union dort, andere kritisieren das Verhalten als inakzeptabel und mit den Werten der CDU nicht vereinbar. Es heißt, in vielen Landesverbänden „brennt die Hütte“.  Wie AKK die Feuer löschen will, ist offen.

Wegen des Erfurter Eklats kommt an diesem Samstag der Koalitionsausschuss zusammen. Die Frage ist, ob sich die SPD mit den CDU-Beschlüssen zufrieden gibt – oder ob sie das Bündnis womöglich doch noch platzen lässt. AKK ging am Freitag überraschend auf Konfrontation: Es müsse bei dem Treffen darum gehen, „wie die SPD die Verantwortung in Thüringen wahrnimmt“. Weiterer Streit ist damit programmiert.

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