Merkel verspricht CSU Betreuungsgeld

Berlin (dpa) - Ungeachtet des anhaltenden Widerstands in ihrer CDU hat Bundeskanzlerin Angela Merkel der CSU die Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes versprochen. Mit diesem Versuch eines Machtworts in einem Interview wurde der Streit in der Koalition am Dienstag allerdings nicht beigelegt.

Im Gegenteil heizte der als Lösungsversuch verstandene Vorstoß von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), auch die Renten vieler Eltern zu verbessern, die Stimmung weiter auf. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warnte die Union: „Es geht nicht alles.“ Die FDP will sich an den Koalitionsbeschluss zum Betreuungsgeld halten, lehnt den Rentenvorschlag aber ab.

Zu Kauders Vorschlag äußerte sich Merkel nicht. Die Bundeskanzlerin sagte dem Bielefelder „Westfalen-Blatt“ (Dienstag): „Das Betreuungsgeld wird im Sommer 2013 kommen.“ Die Äußerung kann als Machtwort verstanden werden: In der vorigen Woche hatte Merkel CDU-intern noch zurückhaltender an entsprechende Parteitagsbeschlüsse erinnert und der „Rheinischen Post“ gesagt, dass sie das Betreuungsgeld unverändert für vernünftig halte.

Diese Leistung ist zur Unterstützung für Eltern gedacht, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen, statt sie in eine Kita zu schicken. Kritiker befürchten, gerade sogenannte bildungsferne Eltern könnten dazu verleitet werden, ihre Kleinkinder zu Hause zu lassen, um die neue Staatsleistung zu erhalten.

Merkel muss zur Realisierung auch noch eine Reihe kritischer CDU-Bundestagsabgeordneter überzeugen. Denn sonst ist die Mehrheit im Parlament für diese Pläne ungewiss. Die Kosten für das Betreuungsgeld sollen sich auf rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem „bildungspolitisch katastrophal falschen Betreuungsgeld“.

Merkel warnte davor, Eltern unter einen Generalverdacht zu stellen. „Die allermeisten Eltern, unabhängig vom Einkommen, entscheiden verantwortungsbewusst, was für ihre Kinder richtig und wichtig ist.“

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, das Betreuungsgeld sei Teil einer modernen Familienpolitik und eine Anerkennung für Erziehung, die nicht ausschließlich in Kitas geleistet werde.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), sagte, bis zur Sommerpause werde zum Betreuungsgeld Klarheit herrschen. Er sieht hier keine Gefahr für die schwarz-gelbe Koalition. „Ich bin überzeugt, dass die Koalition hält, und zwar bis zum Ende der Wahlperiode, und alle anderen Spekulationen gegenstandslos sind.“

Zu Kauders Vorschlag, zusätzlich die Renten auch derjenigen Eltern zu verbessern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, sagte Altmaier, dies sei ein alter Parteitagsbeschluss der CDU. Irgendwann müssten Parteitagsbeschlüsse auch umgesetzt werden. Altmaier hofft auf eine Beruhigung der Debatte: „Wir haben in den letzten Tagen gespürt, dass es den Wunsch in der Fraktion gibt nach Geschlossenheit vor allen Dingen auch jetzt vor den wichtigen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.“

Die Kosten zum Kauder-Vorschlag werden von Haushaltsexperten auf 200 Millionen Euro im ersten Jahr und bis zu sieben Milliarden Euro jährlich ab 2030 geschätzt. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Dienstag), dies sei nicht finanzierbar.

Die Vorsitzende der CDU-Frauen-Union, Maria Böhmer, verteidigte den Kauder-Vorstoß - den die Frauen-Union im vorigen Jahr selbst machte. „Diejenigen, die keine Chance auf Kinderbetreuung hatten, keine Chance auf Teilzeit, keine Chance, dass es Elternzeit gab - diese Frauen gilt es jetzt besserzustellen“, sagte Böhmer der ARD.

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