Erstes Treffen seit 2015 Merkel und Putin bekennen sich zu Ukraine-Prozess

Sotschi (dpa) - Unter dem Eindruck gespannter Beziehungen haben sich Kanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin für eine Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine ausgesprochen.

Erstes Treffen seit 2015: Merkel und Putin bekennen sich zu Ukraine-Prozess
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„Es fehlt an der Umsetzung und nicht an Abkommen“, sagte Merkel bei einem Treffen mit Putin im Schwarzmeerkurort Sotschi. Auch der Kremlchef betonte, die Ukraine-Gespräche mit Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine seien alternativlos. Merkel und Putin bezeichneten Deutschland und Russland als wichtige Partner.

Es war Merkels erster Besuch in Russland seit zwei Jahren. Schon im Mai 2015 hatte der Konflikt in der Ostukraine im Mittelpunkt gestanden. Dort bekämpfen sich prorussische Separatisten und ukrainische Regierungstruppen seit drei Jahren. Die Spannungen im Kriegsgebiet bestehen trotz eines Friedensplans unvermindert fort.

Putin machte die prowestliche Führung in Kiew verantwortlich, mit einer großen Wirtschaftsblockade die Spannungen in der Ostukraine zu schüren. Er rief die Konfliktparteien zum direkten Dialog auf. Zuletzt war er 2016 zu Ukraine-Gesprächen in Berlin gewesen.

Merkel sagte, der Prozess für eine politische Lösung sei mühselig, Fortschritte gebe es nur in kleinen Schritten. Notwendig sei, die Entflechtung von Regierungstruppen und Separatisten sowie einen Waffenstillstand voranzubringen.

Das Treffen mit Merkel war für Putin der Auftakt zu mehreren schwierigen Gesprächen. Noch am Abend war ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump geplant. Für diesen Mittwoch hat sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Sotschi angekündigt. Dabei soll es auch um den Krieg in Syrien gehen, in den sowohl die Türkei als auch Russland eingreifen. Zugleich beginnen in Kasachstan von Russland vermittelte Gespräche zwischen syrischen Regierungs- und Oppositionsvertretern.

Zu Syrien betonte Merkel, es müsse alles für einen Waffenstillstand getan werden. Am Konzept sogenannter Sicherheitszonen sollte deshalb weiter gearbeitet werden. Putin betonte, der Syrienkonflikt könne nicht ohne die USA gelöst werden.

Für die Kanzlerin diente der Besuch auch der Vorbereitung des G20-Gipfels wichtiger Industrie- und Schwellenländer, der im Juli in Hamburg stattfindet. Putin betonte, die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Moskau schaffe Zehntausende Arbeitsplätze und stütze die Weltwirtschaft. „Trotz der bekannten politischen Schwierigkeiten ist Deutschland ein führender internationaler Partner“, sagte er.

Später sprach Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge von einer Tendenz, dass sich die Beziehungen weiter entwickelten. Auch die Kanzlerin betonte: „Russland ist natürlich ein wichtiger Partner.“

Spekulationen über eine mögliche russische Einmischung in die Bundestagswahl im September wies Putin zurück. „Wir haben uns niemals in das politische Leben oder in die politischen Prozesse anderer Länder eingemischt.“ Merkel sagte, sie habe keine Angst, aber sie wisse, dass hybride Kriegsführung zur Strategie Russlands gehöre.

Angesichts eines harten Eingreifens der russischen Polizei zuletzt bei Demonstrationen und von Berichten der Verfolgung Homosexueller in Tschetschenien rief Merkel Putin auf, Einfluss geltend zu machen, um Rechte von Homosexuellen zu schützen. Putin meinte in Bezug auf Hunderte Festnahmen bei Protesten, die russische Polizei gehe im Vergleich zu einigen EU-Ländern zurückhaltend vor.

Vor allem die Sanktionen des Westens wegen der Ukrainekrise sind in Russland ein Reizthema. Die Regierung in Moskau machte deutlich, dass sie keine Hoffnungen auf ein rasches Ende hegt. Eine Verbesserung der Beziehungen des Westens zu Russland sei nicht zu spüren, sagte Finanzminister Anton Siluanow dem „Handelsblatt“ (Dienstag).

Die deutsche Wirtschaft fordert seit langem eine Lockerung der Sanktionen, um den Handel wieder zu stärken. Der bilaterale Warenaustausch ist der Agentur Tass zufolge zwischen 2012 und 2016 von 80 Milliarden Euro auf rund 50 Milliarden Euro geschrumpft. Die Unternehmer befürchten, Marktanteile im größten Flächenstaat der Erde an Konkurrenten etwa aus China zu verlieren.

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