Mehrheit für Rücktritt Schavans bei Verlust des Doktortitels

Berlin (dpa) - Bei einer Aberkennung ihres Doktortitels muss Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach Auffassung von fast zwei Dritteln der Bürger zurücktreten.

In einer Emnid-Umfrage für das Magazin „Focus“ vertraten 62 Prozent der Befragten die Auffassung, Schavan könne nicht im Amt bleiben, wenn sich die Plagiatsvorwürfe gegen sie bestätigen sollten. 34 Prozent meinten dagegen, sie müsse auch in diesem Fall ihr Amt nicht aufgeben.

Ungeachtet des am Dienstag eingeleiteten Verfahrens an der Universität Düsseldorf zur Aberkennung von Schavans Doktortitel hatte ihr CDU-Kreisverband Alb-Donau/Ulm die 57-Jährige am Freitagabend wieder als Bundestagskandidatin aufgestellt. Auf sie entfielen 96 Prozent der Delegiertenstimmen. Einen Gegenkandidaten gab es nicht.

„Ich habe nicht abgeschrieben und schon gar nicht getäuscht“, sagte Schavan vor der Nominierung. Anschließend bedankte sie sich für die „überwältigende Unterstützung“ nach den Plagiatsvorwürfen in den vergangenen Wochen und Monaten. Sie setze auf ein faires Verfahren der Universität Düsseldorf. Dorthin habe sie zu ihrer Verteidigung bereits eine schriftliche Erklärung geschickt.

Unionsfraktionschef Volker Kauder legte der Hochschule nahe, ein externes Gutachten zu ihrer Doktorarbeit einzuholen. „Die Universität würde sich selbst den Gefallen tun, externen Sachverstand einzubeziehen“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Annette Schavan hat unser volles Vertrauen.“

Der Ministerin werden bei ihrer 1980 eingereichten Arbeit zum Thema Gewissen Plagiate, unkorrektes Zitieren und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen. Die Dauer des Verfahrens ist unklar - eine Frist gibt es nicht. In der Umfrage waren 39 Prozent der Befragten der Ansicht, Schavan sollte schon jetzt ihr Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen lassen. Eine Mehrheit von 56 Prozent sah dies aber nicht so.

Laut „Focus“ droht Schavan neuer Ärger. Am Freitag beschäftigt sich dem Bericht zufolge der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages mit Unregelmäßigkeiten bei der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Die Akademie soll nach Feststellungen des Bundesrechnungshofs von Schavans Ministerium Fördermittel für hohe Gehälter und Übernachtungen in Fünf-Sterne-Hotels verwendet haben.

Entgegen den Forderungen des Bundesrechnungshofes weigere sich Schavan, die Mittel zurückzufordern. Aus Sicht der Prüfer könne aber das Bundesbildungsministerium „aus seiner Verpflichtung, das Haushaltsrecht konsequent durchzusetzen, nicht entlassen werden“.

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