Mehr Job-Chancen mit anonymer Bewerbung

Berlin (dpa) - Anonymisierte Bewerbungen ohne Namen, Geschlecht, Foto und Nationalität begünstigen die Chancen von Migranten und Frauen auf dem Arbeitsmarkt.

Das ist das Fazit eines - allerdings nicht repräsentativen - Modellprojekts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Dabei geht es um Bewerbungen, in denen ohne Nennung von persönlichen Daten Auskunft über die Qualifikation des Stellensuchenden erteilt wird. Der Abschlussbericht wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt.

Bewerber mit türkischen Namen oder Frauen mit Kindern wurden demnach bei anonymisierten Bewerbungsverfahren häufiger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als bei konventionellen Ausschreibungen, wie die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, berichtete. Besonders das Foto in den Bewerbungsunterlagen lenke häufig von der eigentlichen Qualifikation ab. „Ist die erste Hürde genommen und der Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen, kann er besser seine Qualifikationen deutlich machen.“

Arbeitgeber äußerten sich skeptisch. Die Unternehmen seien viel weiter, als es der Ruf nach anonymisierten Bewerbungen weismachen wolle, hieß es in einer Stellungnahme. „Arbeitgeber sind in Zeiten wachsenden Fachkräftemangels auf die Potenziale und Talente aller Mitarbeiter angewiesen.“ Schon allein deshalb könne es sich kein Unternehmen leisten, geeignete Bewerber nach unsachlichen Kriterien auszusortieren.

Konkrete Aussagen über die Chancen älterer Arbeitssuchender, die bei der Bewerbung ihr Alter nicht nennen mussten, ließen sich wegen der geringen Teilnehmerzahl bei dem Projekt nicht machen, sagte der Leiter des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann. Das Institut hatte die wissenschaftliche Auswertung übernommen.

Acht Institutionen - Unternehmen, Behörden und Kommunen - hatten sich von November 2010 bis Ende 2011 an dem Versuch beteiligt. Dazu zählten die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, das Kosmetikunternehmen L'Oréal, das Bundesfamilienministerium und die Stadtverwaltung Celle. 246 Stellen wurden besetzt, für die es 8550 anonymisierte Bewerbungen gab.

Genutzt wurde überwiegend ein standardisiertes Formular, in dem nur Hinweise zur Qualifikation eingetragen werden mussten, aber auch klassische Bewerbungen, in denen die persönlichen Angaben geschwärzt wurden. Pläne, das Verfahren in Gesetzesform zu gießen, gibt es Lüders zufolge nicht. Nach Abschluss des Modellprojekts wollen einige Beteiligte am anonymisierten Bewerbungsverfahren festhalten.

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