Innenminister „Masterplan Migration“: Seehofers Meisterstück muss warten

Mit dem „Masterplan Migration“ will Innenminister Horst Seehofer liefern — stattdessen heizt er den alten Zwist mit der Kanzlerin wieder an.

 BamfAffäreund eine schwächelnde CSU: Bundesinnenminister und Parteichef Horst Seehofer steht ohnehin unterDruck. Die verschobene Vorlage seines „Masterplans Migration“ kommt da erst recht ungelegen.

BamfAffäreund eine schwächelnde CSU: Bundesinnenminister und Parteichef Horst Seehofer steht ohnehin unterDruck. Die verschobene Vorlage seines „Masterplans Migration“ kommt da erst recht ungelegen.

Foto: Carsten Koall

Berlin. Montagnachmittag konnte man schon ahnen, dass da was in der Berliner Luft lag. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte, man sei der festen Überzeugung, dass die Flüchtlingsfrage „durch nationale Alleingänge nicht gelöst werden kann“. Kurze Zeit später platzte dann die Bombe: Innenminister Horst Seehofer (CSU) sagte die für Dienstag geplante Vorstellung seines „Masterplans Migration“ zur Neuausrichtung der Asylpolitik kurzerhand ab. Vorerst.

„Einige Punkte müssen noch abgestimmt werden. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Wir bitten um Verständnis“, so lautete die knappe Erklärung des Innenministeriums. Man kann es auch anders sagen: Der Streit zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Innenminister über dessen Plan, Flüchtlinge einseitig an der Grenze abzuweisen, ist eskaliert. Merkel hatte bereits am Vorabend bei einem Fernsehauftritt darauf hingewiesen, sie halte nichts von einem nationalen Alleingang, der europarechtlich ohnehin nicht möglich sei.

Der Termin heute sollte Seehofer eigentlich Entlastung bringen. Zusammen mit Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) wollte er den mit Spannung erwarteten, 63 Punkte umfassenden „Masterplan“ für eine andere Asylpolitik vorstellen — und verkünden: Ich liefere, ich erfülle die Erwartungen. Und das zügig. Der Plan sollte eine Art Meisterstück werden nach fast genau drei Monaten im Amt. Doch die Rechnung hatte Seehofer eben ohne Merkel gemacht.

Klar ist, dass der Bayer das deutsche Asylsystem umkrempeln will. Neben den bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten, aber umstrittenen „Ankerzentren“ und einer Neuausrichtung der Entwicklungspolitik auf die Bekämpfung der Fluchtursachen sollte künftig deutlich rigider mit Flüchtlingen umgegangen werden, die an der Grenze ankommen. Seehofer wollte alle zurückweisen, die bereits andernorts in EU-Staaten registriert sind — wie es die ausgesetzte Dublin-Verordnung ursprünglich vorsah. Genauso konsequent wollte er gegen Flüchtlinge ohne Papiere und abgeschobene Asylbewerber vorgehen, die wieder nach Deutschland einreisen wollen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verkündete das sogar schon letzte Woche stolz. Auch er tat dies offenbar ohne Abstimmung mit der Regierungschefin.

Denn Merkel will die Schaffung eines einheitlichen Asylsystems voranbringen und darüber mit den Regierungschefs der Europäischen Union Ende Juni in Brüssel beraten. Wenn nun der deutsche Innenminister gegen Flüchtlinge an der Grenze vorgehen würde, müssten die Ostereuropäer sowie Griechenland und Italien mit zurückkehrenden Flüchtlingen rechnen. Das würde aber die Bereitschaft zur Kooperation in der EU nicht gerade erhöhen. Italien könnte sogar wie früher die Mittelmeerflüchtlinge einfach durchwinken nach Norden. Aus Sicht Merkels kann Europa scheitern, wenn es nicht gelingt, ein gemeinsames Migrations- und Asylregime aufzubauen. Deswegen ihr Veto.

Besonders heikel ist für die Kanzlerin, dass Seehofer mit seinem Vorgehen den alten Streit zwischen CDU und CSU um die richtige Flüchtlingspolitik wieder angeheizt hat. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprang Seehofer zur Seite. „Wenn bei jemandem von vornherein klar ist, dass er überhaupt keine Chance hat, hierbleiben zu dürfen, dann würde ich ihn an der Grenze zurückweisen.“ Erst Recht, wenn es keine Zustimmung zu den geplanten „Ankerzentren“ gebe.

Nun sollen weitere Gespräche auf höchster Ebene für eine Klärung sorgen. Einen guten Lauf hat Seehofer derzeit jedenfalls nicht. Die nicht enden wollende Bamf-Affäre sitzt ihm im Nacken, und auch der Einsatz der Bundespolizei bei der Abschiebung des im Fall Susanna mordverdächtigen Ali B. aus dem Nordirak wird inzwischen kritisch hinterfragt. Nebenbei ist der Bundesinnenminister Chef der in Bayern schwächelnden CSU. Und jetzt kommt auch noch das Bremsmanöver der Bundeskanzlerin dazu.

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