SPD-Wahlkampf Manuela Schwesig: "Die Frau versteht die Menschen"

Familienministerin Schwesig auf Werbetour in Mecklenburg-Vorpommern.

Familienministerin Manuela Schwesig

Familienministerin Manuela Schwesig

Foto: dpa

Berlin. "Wisst Ihr denn, wer Frau Schwesig ist?", fragt die Erzieherin erwartungsvoll in die Runde. "Die Helferin von Frau Merkel", gibt der fünfjährige Romeo pfiffig zurück. Die angereisten Journalisten aus Berlin können sich vor Lachen kaum halten. Nur Manuela Schwesig verschlägt es für einen kurzen Moment die Sprache. Wahlkampf kann auch richtig Spaß machen.

Die Bundesfamilienministerin auf Werbetour in Mecklenburg-Vorpommern. Für ihre Partei - und für sich selbst. "Das ist meine politische Heimat", sagt die SPD-Hoffnungsträgerin. In "MV", wie hier alle das flache Land mit dem Doppelnamen abkürzen, ist Schwesig fünf Jahre lang Ministerin für Soziales gewesen. Am kommenden Sonntag wird im Land gewählt. Und Schwesig legt sich heftig ins Zeug, damit die SPD in Schwerin weiter regieren kann.

So wie jetzt gerade in der Betriebskita "Klinikzwerge" des Krankenhauses in Pasewalk. Ein Termin ganz nach dem Geschmack der 42jährigen Sozialdemokratin. Nicht nur, weil Schwesig vor wenigen Monaten selbst zum zweiten Mal Mutter geworden ist. Bei der Stippvisite kommt vieles zur Sprache, was Schwesig in ihrem Ministerjob umtreibt. Von möglichst kostenlosen Kita-Plätzen über qualifiziertes Betreuungspersonal bis hin zu flexiblen Kita-Öffnungszeiten, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen. Da trifft es sich gut, dass Eltern ihre "Klinikzwerge" von 5.30 Uhr bis 20 Uhr betreuen lassen können. Wenn es sein muss, auch bis 21 Uhr. Und das zu Preisen, die nur etwa halb so hoch sind wie beim Nachbarn Schleswig-Holstein. Deshalb kämen manche Familien von dort auch wieder nach "MV" zurück, sagt Schwesig nicht ohne Stolz.

36 Wahlkreise hat das Land im Nordosten der Republik. Bis zum Wahlsonntag will sich Schwesig mit allen 36 SPD-Direktkandidaten unter möglichst reger öffentlicher Anteilnahme getroffen haben.

So viel Ehrgeiz muss schon sein. Anders hätte die studierte Finanzwirtin wohl auch ihren kometenhaften Aufstieg nicht geschafft: erst 2003 in die SPD eingetreten, bereits 2008 Landesministerin, ein Jahr später SPD-Vize geworden und 2013 dann Bundesministerin. Geht da noch mehr? Parteichef Sigmar Gabriel hält große Stücke auf Schwesig. Vielleicht beerbt sie ihn noch eines Tages im Parteivorsitz. Vielleicht bringt sie es sogar irgendwann zur Kanzlerkandidatin. Nichts ist aus heutiger Sicht unmöglich. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich am Anfang unterschätzt werde", hat Schwesig einmal gesagt. Unterschätzen würde sie mittlerweile keiner mehr.

Schwesig kann den Koalitionspartner Union gewaltig nerven. Erst mit der Frauenquote in Führungspositionen, dann mit der Lohngleichheit von Mann und Frau. Und sie hat noch einiges vor. Das Unterhaltsrecht für alleinerziehende Mütter will sie stärken, und ein Familiengeld einführen. Dabei hat Schwesig klar an Professionalität gewonnen. Und an Schlagfertigkeit. Als sie vor Vertretern der Arbeiterwohlfahrt in Neubrandenburg gesprochen hat, sagt eine Frau, man habe lange überlegt, was man ihr schenken solle. "Einen Schirm", entgegnet die Ministerin angesichts des einsetzenden Starkregens trocken und bedankt sich dann artig für ein kleines Mitbringsel an ihre beiden Kinder.

Überhaupt kann Schwesig auf die Leute zugehen. In Heinrichswalde, einem 460-Seelen-Dorf im besonders strukturschwachen Vorpommern, diskutiert sie mit einem Rentnerpaar über ein Burka-Verbot. Obwohl kaum einer dort den Spitzenkandidaten der AfD mal leibhaftig gesehen hat, sind die Rechtspopulisten bei dieser Wahl scheinbar allgegenwärtig. "Gehen Sie nicht denen auf den Leim, die alles schlecht reden", mahnt Schwesig. Und außerdem, mit ihrem "rückwärtsgewandten Familienbild" sei die AfD "aus Frauensicht" schon gar nicht wählbar. Am Ende ist das Rentnerpaar zufrieden: "Die Frau versteht die Menschen".

Schwesig indes muss weiter. Nach Heringsdorf auf Usedom, um anderntags mit Gewerkschaftern am Strand über zu gering bezahlte Jobs zu reden und rote Rosen in einem Einkaufszentrum zu verteilen - als höfliche Aufforderung, wenigstens überhaupt wählen zu gehen.

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