Nach merkel Lindner setzt nun wieder auf Jamaika - und wäre gerne Minister

Berlin. · Der FDP-Chef Christian Lindner sieht eine Chance für die Zeit nach Merkel – und hat sich schon einen Ministerposten ausgeguckt. Mit einer Frau hätte er aber womöglich Probleme.

Richtungsweisend: Parteichef Christian Lindner und seine FDP tendieren wieder zu einer künftigen Koalition mit der Union und den Grünen. Foto: dpa

Richtungsweisend: Parteichef Christian Lindner und seine FDP tendieren wieder zu einer künftigen Koalition mit der Union und den Grünen. Foto: dpa

Foto: dpa/Bernd Von Jutrczenka

Obwohl die Bundespolitik das herausragende Thema der Landtagswahlen in Bayern und Hessen war, konnten die Liberalen von der Krise der Groko kaum profitieren. Ihre Gewinne waren minimal. Parteichef Christian Lindner sah sich hartnäckig der Frage ausgesetzt, wie es denn sein könne, dass die Grünen so hoch schießen, die FDP aber nicht. Und ob sein Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen im Dezember nicht doch ein Fehler gewesen sei. Lindner räumte im Führungskreis und öffentlich immerhin ein, dass man die Gespräche mit Union und Grünen im letzten Jahr früher hätte beenden sollen, um die Erwartungen nicht so hochkochen zu lassen.

Lindners Bedingung: Kanzlerin Merkel muss weg sein

Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sprach bereits von einem „Rechtfertigungsmodus“, aus dem man jetzt herauskommen müsse. Nun besteht dazu unversehens die Gelegenheit, und Lindner nutzt sie. „Unter anderen Rahmenbedingungen könnte Jamaika irgendwann möglich sein“, sagte der Vorsitzende in einem Interview, kurz nachdem Angela Merkel ihren Rückzug angekündigt hatte.

Dass sie weg ist, ist für Lindner die genannte entscheidende Bedingung. Das liegt an Verletzungen aus der schwarz-gelben Regierungszeit, als die Kanzlerin Lindner, damals sehr junger FDP-Generalsekretär, schon mal regelrecht abkanzelte. Der Oberliberale gibt ihr zudem komplett die Schuld am Scheitern der Jamaika-Verhandlungen, das an ihm hängen blieb. Die CDU-Chefin habe die FDP letztlich nur als Anhängsel eines schwarz-grünen Bündnisses missbrauchen wollen. „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sagte er seinerzeit.

Mit den möglichen Nachfolgern, Friedrich Merz, Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer, hingegen könnte sich der FDP-Chef durchaus eine Zusammenarbeit vorstellen, behauptet er jedenfalls. „Alle genannten Namen sind uns gut bekannt und haben unseren Respekt. Mit ihnen wäre ein fairer Wettbewerb und guter Ausstauch möglich.“ Allen drei traue er zu, eine Regierung zu führen. Das klang schon fast wie eine Bewerbung. In einem Interview sagte Lindner auch, welchen Job er gerne gehabt hätte, wenn Jamaika geklappt hätte: Finanzminister.

Mögliche Probleme mit Kramp-Karrenbauer

Spahn ist ein persönlicher Lindner-Freund, der FDP-Mann zog als Nachmieter letztes Jahr sogar in dessen Dachgeschosswohnung in Berlin-Schöneberg ein. Merz passt mit seiner wirtschaftsliberalen Orientierung nahtlos zur FDP.

Nur bei Kramp-Karrenbauer gibt es möglicherweise Probleme. Erstens ist sie inhaltlich auf Merkel-Linie, zweitens hat sie den Liberalen 2012 ihre geliebte Dreikönigs-Kundgebung versaut, weil sie just an dem Tag eine Jamaika-Koalition im Saarland platzen ließ, wegen interner Zerwürfnisse in der örtlichen FDP. Das sehe er heute „professionell“, sagte Lindner milde. Der saarländische Landesverband sei damals ja auch nicht gerade in Topform gewesen.

Die Liberalen orientieren sich elf Monate nach dem Scheitern also wieder klar auf einen neuen Jamaika-Anlauf. Und offerieren dafür schon zwei Morgengaben. Erstens sagte man in Hessen eine mögliche Ampelkoalition mit SPD und Grünen ab. Man geht also links nicht fremd. Und zweitens signalisierte Lindner, dass man auch eine CDU-Minderheitsregierung im Bund vorübergehend tolerieren würde, „nach der Ära Merkel“.

Nun muss der Vorsitzende nur noch erklären, warum neue Jamaika-Verhandlungen mit einer grünen Partei, die aus einer neuen Bundestagswahl voraussichtlich doppelt so stark hervorgehen würde als bisher, für die FDP ergiebiger sein sollen als letztes Jahr. Dass es besser sei, überhaupt zu regieren, als gar nicht zu regieren, kann ausgerechnet Lindner jedenfalls nicht formulieren.

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