Liberale diskutieren über Westerwelle-Rückzug

Berlin (dpa) - In der FDP wird immer offener über einen Rückzug Guido Westerwelles vom Parteivorsitz diskutiert. Nach Medienberichten vom Donnerstag traf sich der einflussreiche „Schaumburger Kreis“ am Dienstagabend, um über einen schnellen Rückzug Westerwelles von der Parteispitze zu beraten.

An dem Treffen der regelmäßig tagenden Runde in Berlin habe auch Westerwelles Stellvertreter in der Bundespartei, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, teilgenommen, berichtet das „Handelsblatt“ im Internet. Brüderle gilt als ein Nachfolgekandidat für den Bundesvorsitz. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er zur anhaltenden Kritik an Westerwelle: „Wir haben als Team gewonnen und werden als Team die schwierige Lage meistern.“ Mit Blick auf die wichtigen Landtagswahlen im Frühjahr in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg rief Brüderle seine Parteifreunde auf, nach vorne zu schauen. Zu den Spekulationen wollte er sich nicht äußern.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) forderte die parteiinternen Gegner Westerwelles auf, Farbe zu bekennen. „Es gibt zwei Dinge, die man machen kann: stützen oder stürzen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der frühere FDP-Generalsekretär stellte sich klar hinter seinen Parteichef. Die FDP habe das Potenzial, bei den Landtagswahlen 2011 „sehr erfolgreich“ zu sein. „Und ich kenne keinen besseren Wahlkämpfer als Guido Westerwelle.“ Unter den 17 Teilnehmern am Treffen des regelmäßig tagenden „Schaumburger Kreises“ sind laut „Handelsblatt“ auch Schatzmeister Hermann Otto Solms, Fraktionsvize Patrick Döring und mehrere Bundestagsabgeordnete gewesen.

Brüderle ist auch FDP-Chef in Rheinland-Pfalz und mit der einflussreichste Politiker in dem Landesverband. Dort ist am 27. März kommenden Jahres Landtagswahl, ebenso wie in Baden-Württemberg. Der rheinland-pfälzische FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin bezeichnete Westerwelle vor den anstehenden Wahlkämpfen als „Klotz am Bein“ und legte ihm nahe, sich aus dem dortigen Wahlkampf herauszuhalten. In der FDP-Spitze in Berlin hieß es dazu zunächst: „Kein Kommentar.“ Inzwischen wurde aber klar gestellt, dass es Gespräche zwischen Landes- und Bundesgeschäftsstelle über den Einsatz Westerwelles gebe. Ein Wahlkampfauftritt sei bereits vereinbart, hieß es.

Wie die „Bild“-Zeitung berichtete, erörterte die Runde führender Liberaler unter anderem das Für und Wider eines Rückzugs Westerwelles auf dem Dreikönigstreffen. Den Angaben zufolge wurde auch die Aufgabe des Amts als Außenminister diskutiert. Die Frage, welche Konsequenzen ein Rücktritt Westerwelles hätte, sei letztlich aber offen geblieben. „Wie nach einem Urknall die liberale Welt aussieht, kann eben niemand sagen“, zitierte das „Handelsblatt“ einen Teilnehmer.

In der Vergangenheit hatte Westerwelle mehrfach klargemacht, dass er an seinen drei Posten als Parteichef, Außenminister und Vizekanzler festhalten will. Bundesweit liegt die FDP in den Umfragen derzeit nur zwischen 4 und 6 Prozent. Bereits am Mittwoch forderten Vertreter der baden-württembergischen FDP Westerwelle in einem Offenen Brief auf, den Parteivorsitz niederzulegen. Vor den Landtagswahlen in den beiden Südländern sind am 20. Februar und 20. März bereits Wahlen in Hamburg und Sachsen-Anhalt an.

Die bayerische Landesvorsitzende, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, warnte die Partei davor, sich auf eine Personaldiskussion zu konzentrieren. Die FDP habe nur eine Chance, „wenn wir kämpferisch auftreten und uns nicht wirklich selbst erledigen“, sagte sie im Radiosender Bayern2.

Der Thüringer FDP-Generalsekretär Patrick Kurth sagte mit Blick auf die jüngsten Querelen in der Bundesgeschäftsstelle: „Es gibt einen erheblich Frust in der Bundestagsfraktion darüber, dass unsere Arbeit im Parlament von außen immer wieder kaputt gemacht wird.“ Zugleich betonte Kurth in der „Thüringer Allgemeinen“ (Donnerstag), es habe keinen Sinn, über Personalien zu reden, wenn „kein überzeugender Plan B“ existiere.

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