Kultusminister Althusmann wegen Doktorarbeit unter Druck

Hannover (dpa) - Karl-Theodor zu Guttenberg und Silvana Koch-Mehrin wurde der Doktortitel bereits aberkannt. Nun wird Niedersachsens Kultusminister Althusmann vorgeworfen, in seiner Dissertation schludrig zitiert zu haben.

Der Minister räumt Fehler ein.

Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann gerät wegen seiner Doktorarbeit unter Druck. Plagiatsjäger werfen ihm zahlreiche Fehler beim Zitieren fremder Quellen vor. Der CDU-Politiker entschuldigte sich am Mittwoch für mögliche handwerkliche Fehler, versicherte aber, er habe an keiner Stelle von anderen Wissenschaftlern abgeschrieben, ohne das zu kennzeichnen.

„Es gab keinen Täuschungsversuch von meiner Seite“, unterstrich Althusmann, der seit gut einem Jahr Kultusminister in Hannover und derzeit auch Vorsitzender der Kultusministerkonferenz ist. Konsequenzen für seine politischen Ämter schloss der 44-Jährige zunächst aus. Die Universität Potsdam bat er um die Überprüfung seiner 2007 abgegebenen Arbeit.

Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagte zwar: „Er ist Minister und er bleibt Minister.“ Er fügte aber hinzu, die Prüfung durch die Universität müsse abgewartet werden. „Soviel Zeit müssen wir uns nehmen.“

Die Opposition legte Althusmann den Rücktritt für den Fall nahe, dass sich die Vorwürfe bewahrheiten. Sie bezeichnete die mögliche Schummelei des Bildungspolitikers als peinlich. Der Minister soll in seiner Dissertation an vielen Stellen inhaltliche wie wörtliche Übernahmen aus anderen wissenschaftlichen Werken nicht als solche gekennzeichnet haben. Das berichtete „Die Zeit“ am Mittwoch vorab.

Eine von der Wochenzeitung vorgelegte Analyse kommt zu dem Schluss, dass die Doktorarbeit zu mehr als der Hälfte aus teils verschleierten Zitaten bestehe und daher wenig Platz für eigene Gedanken lasse. Durchgängig und in großem Ausmaß sei es zu einer bewussten oder unbewussten Irreführung gekommen. Möglicherweise habe Althusmann den Leser über den hohen Anteil an Zitaten und den geringen Anteil an eigener Leistung im Unklaren lassen wollen.

Wegen Plagiatsvorwürfen waren bereits mehreren Politikern die Doktortitel aberkannt worden: Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und die damalige Vizepräsidentin des Europaparlaments, Silvana Koch-Mehrin (FDP), traten unter dem Druck der Vorwürfe zurück.

„Ich habe meine Arbeit nach bestem Wissen und mir damals bekannten Zitierstandards angefertigt“, erklärte Bildungsminister Althusmann. „Für meine Ämter habe ich, auch nachdem ich den Ministerpräsidenten gestern informiert habe, entschieden, dass dies eine Krise ist, die ich durchzustehen habe.“

Sollte sich herausstellen, dass Althusmann tatsächlich gegen wissenschaftliche Grundsätze verstoßen habe, sei er als Minister nicht zu halten, erklärte der Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Die SPD-Landtagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt forderte Althusmann auf, den Vorsitz der Kultusministerkonferenz bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen.

Althusmann promovierte als externer Doktorand an der Universität Potsdam mit einer Arbeit über die Organisation der öffentlichen Verwaltung. Die Arbeit sei zwischen den Jahren 2000 und 2007 mit Unterbrechungen parallel zu seiner politischen Tätigkeit entstanden, erklärte er. „Ich habe den Großteil meiner Ferien dazu genutzt.“

An der Uni Potsdam beschäftigt sich nun der zuständige Dekan mit den Vorwürfen, wie eine Sprecherin mitteilte. Nach Einschätzung von Althusmann wird diese Untersuchung etwa vier Wochen dauern.

Die Universität Tübingen hat unterdessen dem baden-württembergischen CDU-Landtagsabgeordneten Matthias Pröfrock aus Waiblingen seinen Doktortitel aberkannt. Die Dissertation des 34-Jährigen weise zahlreiche Plagiate auf, teilte die Hochschule mit. Allerdings glaubte der Promotionsausschuss den Beteuerungen des 34-Jährigen, dass er sich nicht absichtlich mit fremden Federn geschmückt habe. Pröfrock akzeptierte die Entscheidung und bat um Entschuldung. Zurücktreten will aber auch er nicht.

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