Kontrollen sollen bei Organspenden Vertrauen schaffen

Berlin (dpa) - Nach dem Organspendeskandal wollen Ärzte, Krankenkassen und Kliniken mit mehr Transparenz und schärferen Kontrollen Vertrauen zurückgewinnen. Unabhängige Ärzte sollen sicherstellen, dass bei der Organzuteilung an Patienten nichts manipuliert wird.

Prüfberichte sollen teils öffentlich werden. Ärzte sollen bei Fehlverhalten ihre Zulassung verlieren, Kliniken die Berechtigung zur Verpflanzung bestimmter Organe. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will alle Beteiligten nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause an einen Tisch bringen. Kritikern gehen die Ankündigungen nicht weit genug.

Ohne Vertrauen könne der Mangel an Spenderorganen nicht gemildert werden, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery am Donnerstag nach einem Sondertreffen in Berlin. „Dieses wollen wir so schnell wir möglich wieder herstellen.“ Der Vizechef des Kassenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg, sagte: „Es kommt grundsätzlich darauf an, dass wir durch Transparenz das Vertrauen wiederherstellen, dass es hier keine Mauscheleien gibt.“

Manipulationen an den Unikliniken Göttingen und Regensburg hatten für einen Skandal gesorgt und immer mehr Zweifel und Fragen zur Transplantation aufgeworfen. In beiden Fällen wollen die Ärzte der Justiz mit Sonderermittlern zur Seite stehen.

Im Herbst soll ein Mehr-Augen-Prinzip bei der Anmeldung für die Warteliste und Organzuteilung eingeführt werden. So sollen nicht direkt mit der Transplantation befasste Laborärzte in interdisziplinären Kommissionen entscheidende Laborwerte überprüfen.

Klarer gefasst werden sollen die Kriterien für die umstrittene Schnellvergabe von Organen. Dabei entscheiden Chirurgen zunehmend vor Ort, wer ein rasch zu verpflanzendes Organ bekommt. Montgomery verteidigte das Verfahren, es dürfe nur nicht zur Regel werden. Forderungen zur Einrichtung einer staatlichen Behörde für die Transplantationsmedizin erteilte Montgomery eine Absage.

Prüfberichte sollen - soweit es der Datenschutz zulässt - veröffentlicht werden. Dem Parlament und der Öffentlichkeit soll ständig Bericht über die Organspende erstattet werden.

Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, sagte, es gebe kein Versagen des Systems. Dennoch versprach er schonungslose Aufklärung und Transparenz.

Die an dem Berliner Sondertreffen Beteiligten räumten ein, dass es keinen raschen Durchbruch geben dürfte. So seien für einen Entzug der Zulassung eines Arztes die Länder zuständig, die oft zögerten. Stackelberg warb: „Geben Sie uns Zeit.“

Die Linke bezeichnete die Schritte von Ärzten und Politik als empörend. Ihre Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler forderte öffentliche Aufarbeitung.

Gesundheitsminister Bahr fordert die Bestrafung krimineller Machenschaften. Nach der Sommerpause will er mit allen Bundestagsparteien über das Problem beraten, sagte er der „Bild“-Zeitung. Die Gesetze seien klar formuliert. „Versuche, sie zu umgehen, müssen mit aller Härte bestraft werden.“ Darüber soll bei einem Treffen mit Ärzte-, Klinik- und Kassenvertretern am 27. August beraten werden.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der 2010 seiner schwer erkrankten Frau eine Niere gespendet hatte, sprach sich für schärfere Kontrollen aus. Darüber solle möglichst schnell bei einem Treffen aller Fraktionsspitzen im Bundestag geredet werden, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „In der jetzigen Situation dürfen wir es nicht zulassen, dass die Organspende und die Transplantationsmedizin weiter in Misskredit gerät.“

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