Seehofer sieht Koalitionsbruch : Koalitionskrach über Ehe für alle verschärft sich
Berlin (dpa) - Unmittelbar vor der geplanten Entscheidung über die Öffnung der Ehe für Homosexuelle hat sich der Koalitionsstreit darüber weiter zugespitzt. Eigentlich sei das ein Koalitionsbruch, sagte CSU-Chef Seehofer über den SPD-Plan, am Freitag eine Abstimmung im Bundestag durchzusetzen - gegen den Willen von CDU/CSU.
Kommt das Thema auf die Tagesordnung, dürfte eine Mehrheit sicher sein. Doch der Streit über die sogenannte Ehe für alle wäre damit nicht vom Tisch: Unions-Abgeordnete prüfen schon eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der Bundestag muss am Freitagmorgen - dem letzten Sitzungstag der Legislaturperiode - zunächst darüber abstimmen, ob das Thema zusätzlich aufgerufen wird. Es könnte knapp werden: SPD, Linke und Grüne haben zusammen 320 Sitze - und damit nur wenige Mandate mehr als die Unions-Fraktion. Klar war schon am Donnerstag, dass mindestens ein SPD-Abgeordneter wegen Krankheit fehlt.
Bei der eigentlichen Abstimmung über die Gesetzesänderung wollen neben SPD, Linken und Grünen dann auch mehrere Unions-Abgeordnete mit Ja stimmen. Die CDU/CSU-Fraktion hat die Entscheidung zur Gewissensfrage erklärt, nachdem Kanzlerin Angela Merkel am Montag vom klaren Nein ihrer CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt war. Damit entfällt der sogenannte Fraktionszwang, der Bundestagsabgeordnete an eine vorgegebene Linie binden soll.
Homosexuelle dürfen bisher eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen lassen, aber nicht heiraten. Der wichtigste Unterschied ist, dass Lebenspartner gemeinsam keine Kinder adoptieren dürfen.
Die SPD hat Merkels Schwenk ausgenutzt und die Abstimmung zusammen mit Grünen und Linken vorangetrieben - gegen den Willen der Union. „Wären wir mitten in der Legislaturperiode, dann müsste man eigentlich Konsequenzen ziehen“, sagte Seehofer. Er warnte zudem, eine so wichtige Frage könne nicht im Hauruckverfahren entschieden und im Parlament in einer Stunde „durchgepeitscht werden“. Und er meldete Bedenken an, ob ein Gesetzesbeschluss zur Ehe für alle verfassungswidrig wäre: „Es gibt jedenfalls erhebliche Zweifel.“