Koalition vereinfacht Steuerrecht

Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition will Papierkram fürs Finanzamt eindämmen sowie Steuerzahlern etwas und der Wirtschaft viel mehr Geld in der Kasse lassen.

Die Spitzen von Union und FDP einigten sich am Donnerstagabend beim letzten Koalitionsausschuss in diesem Jahr auf eine Vereinfachung des Steuerrechts. Er soll Arbeitnehmern um insgesamt 590 Millionen Euro pro Jahr entlasten. Firmen sollen durch weniger Bürokratieaufwand rund vier Milliarden Euro einsparen. Opposition und Gewerkschaften sprachen von „Klein-Klein“.

Am späten Abend wollte die Koalition noch die Weichen für die historische Aussetzung der Wehrpflicht stellen. Ferner galt eine Reduzierung der Truppe von 240 000 auf 185 000 Soldaten als unstrittig. Keine Einigung zeichnete sich beim Fachkräftemangel ab.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte: „Wir legen heute auf den Gabentisch unserer Bürger und der deutschen mittelständischen Wirtschaft ein schönes, kleines Paket.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einem „wichtigen Schritt in Richtung Steuervereinfachung und Steuerentlastung“. Auf die Frage von Journalisten nach größeren Steuerentlastungen mahnte er Zurückhaltung an. Die Koalition wird nach seinen Angaben nun schnell ein Gesetz für die Steuervereinfachungen in den Bundestag einbringen. Maßnahmen rückwirkend zum 1. Januar 2011 würden geprüft. Der Rest der nun beschlossenen 41-Punkte-Liste solle 2012 verwirklicht werden.

CSU-Chef Horst Seehofer sowie sein Generalsekretär Alexander Dobrindt und der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, blieben auf dem Weg von München ins Berliner Kanzleramt im Schnee stecken. CSU-Landesgruppenchef Hans- Peter Friedrich hielt für die Partei die Stellung.

Bei den Steuerverbesserungen ist die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer der zentrale Punkt. Sie soll von derzeit 920 Euro auf 1000 Euro angehoben werden. Das bringt Arbeitnehmern mit geringen Werbungskosten mehr Geld. Alle anderen müssen weniger Einzelbelege beim Finanzamt einreichen, um ihre Werbungskosten - etwa Aufwendungen für Arbeitsmittel - geltend zu machen. Allein diese Anhebung kostet den Staat nach Angaben der Koalition 330 Millionen Euro im Jahr.

Nach Berechnungen des Neuen Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) bedeutet die Maßnahme für Millionen Arbeitnehmer weder eine Steuerermäßigung noch eine Vereinfachung. Bestenfalls profitiere ein Bürger mit drei Euro im Monat. Dem stünden höhere Beiträge zu den Krankenkassen gegenüber, so dass sich gar keine Entlastung ergebe.

Erleichterungen wurden auch beim Kindergeld sowie bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten vereinbart. Sind volljährige Kinder noch in Ausbildung, arbeiten aber nebenbei, verzichtet der Fiskus bei der Festsetzung des Kindergelds auf eine Einkommensprüfung. Das kostet den Staat 200 Millionen Euro.

Auf weitere 60 Millionen Euro verzichtet die öffentliche Hand, weil bei der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten nicht mehr zwischen beruflich oder privat bedingten Aufwendungen unterschieden wird. Weniger Papierkram soll auch bei der Entfernungspauschale anfallen. Arbeitnehmer können zudem künftig nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben.

Zu der 41-Punkte-Liste gehören auch weniger schriftliche Nachweise und Dokumentationspflichten, mehr elektronische Überweisungen an die Finanzämter sowie zeitnahe Betriebsprüfungen der Unternehmen durch Steuerprüfer.

Union und FDP waren weiter uneins, wie mehr ausländische Fachkräfte beschäftigt werden können, um Engpässe in Deutschland abzufedern. Die FDP will dafür die Mindesteinkommensgrenze für qualifizierte Kräfte aus dem Ausland von heute 66 000 Euro auf 40 000 Euro absenken. Das lehnen CDU und CSU ab.

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