Nachunternehmerhaftung : Knochenjob Paketbote - So will Heil den Zustellern helfen
Berlin Wer sich über Paketboten aufregt, vergisst oft: Viele von ihnen arbeiten unter miesen Bedingungen. Das soll sich ändern - wenn sich die Bundesregierung einigen kann.
Mehr als 3,5 Milliarden Pakete werden in diesem Jahr in Deutschland ausgeliefert - dem boomenden Onlinehandel sei Dank. Für die Paketboten bedeutet das: Pro Stunde müssen sie schon mal ein Dutzend Sendungen zustellen, darunter Kühlschränke, Weihnachtsgeschenke, Bücher, sperrige Klamotten-Pakete. Im Laufschritt hoch in den vierten Stock, klingeln, abgeben, Unterschrift, weiter. Paketbote ist ein Knochenjob - mit häufig schlechter Bezahlung. Da wundert es kaum, dass manche Zusteller in der Eile Abholzettel hinterlassen mit Notizen wie: Paket abgegeben bei „irgendein Nachbar“.
Weil der Markt für Paketdienste stark wächst, müssen immer häufiger Fahrer aus Süd- und Osteuropa aushelfen, oft schlecht bezahlt und nicht ordnungsgemäß versichert. Genau dagegen will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jetzt vorgehen. Doch er riskiert Streit in der Bundesregierung.
Was ist das Problem?
Firmen wie DHL, DPD, UPS, Hermes und GLS machen gerade gute Geschäfte - andererseits finden sie bei den niedrigen Löhnen auch kaum Fahrer. „Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt“, sagte Hermes-Deutschland-Chef Olaf Schabirosky im Dezember. Einige Anbieter lagern die Zustellung an Subunternehmer aus, die dann Fahrer aus dem Ausland - aus der Ukraine, aus Moldawien, aus Weißrussland - anheuern. Für diese bezahlen sie nach Gewerkschaftsangaben zufolge teilweise keine Sozialbeiträge. Schlechte Bezahlung, sagt Arbeitsminister Heil, sei eine Sache - aber dass dann auch noch der soziale Schutz ausgehebelt werde, könne er nicht hinnehmen. „Es zerbricht der soziale Frieden in unserem Land, wenn man solcher Missentwicklung tatenlos zuguckt“, betont er.
Was will der Arbeitsminister tun?
Heil will die großen Paketdienste verpflichten, selbst Sozialabgaben für ihre Subunternehmer zu zahlen, wenn diese beim Mindestlohn betrügen. Eine solche Nachunternehmerhaftung gibt es bereits in der Bau- und in der Fleischbranche. Aus der Arbeitsfassung des Gesetzentwurfs geht hervor, dass jetzt die Paketbranche in Paragraf 28 des Sozialgesetzbuchs IV aufgenommen werden soll. Alternativen gebe es nicht.
Was ändert sich damit für die Unternehmen?
Die großen Lieferunternehmen müssen dann kontrollieren, ob ihre Subunternehmer die gesetzlichen Bedingungen einhalten. Das bedeutet einen höheren bürokratischen Aufwand. Umgehen können die Unternehmen die Haftung nur, wenn ihre Subunternehmen vorab besonders geprüft sind. Übrigens setzen nicht alle Paketdienste gleichermaßen auf Subunternehmer: Marktführer DHL lässt nach eigenen Angaben 98 Prozent seiner Pakete durch eigene Zusteller ausliefern, auch UPS beschäftigt viele eigene Boten.