Kluft zwischen Arm und Reich - „Deutschland war noch nie so tief gespalten“

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter — obwohl die Zahl der Beschäftigten steigt.

 Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter — obwohl die Zahl der Beschäftigten steigt.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter — obwohl die Zahl der Beschäftigten steigt.

Foto: Marijan Murat

Berlin. Immer mehr Bundesbürger haben einen Job. Doch gleichzeitig wächst die Kluft zwischen Arm und Reich. „Deutschland war noch nie so tief gespalten wie heute“, sagte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock, bei der Vorstellung eines Gutachtens am Donnerstag in Berlin. Die wichtigsten Daten im Detail:

Nach der dem Gutachten zugrunde liegenden Definition ist arm, wer nicht über das Einkommen verfügt, um das notwendige soziokulturelle Existenzminimum abzudecken. Gemeint ist damit nicht nur die materielle Existenzsicherung (wohnen, essen, kleiden), sondern auch die individuelle Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Als Faustformel in der Sozialforschung gilt: Eine Person ist dann armutsgefährdet, wenn ihr Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung beträgt. In Deutschland lag dieser Schwellenwert im Jahr 2011 bei monatlich 980 Euro.

Nach den vorliegenden Daten sind 15,2 Prozent der Bundesbürger mit Armut konfrontiert. Das ist ein neuer Höchststand. 2006 lag die Quote bei 14 Prozent. Das mit Abstand größte Armutsrisiko tragen die Erwerbslosen. In dieser Gruppe beträgt der Anteil fast 60 Prozent. Dahinter kommen die Alleinerziehenden, von denen 41 Prozent als armutsgefährdet gelten. Das Armutsrisiko bei den Rentnern ist dagegen mit 14,3 Prozent vergleichsweise gering ausgeprägt. Allerdings hat sich diese Quote in den vergangenen Jahren um mehr als Drittel erhöht.

Bundesweit bezogen im vergangenen Jahr nur noch 33 Prozent der Arbeitslosen das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld, dessen Höhe sich am vorherigen Lohn orientiert. Zwei Drittel waren also auf deutlich niedrigere Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Dabei weist die Statistik nur jeden dritten von Arbeitslosigkeit Betroffenen als Langzeitarbeitslosen aus.

Hintergrund ist die Tatsache, dass nicht nur Erwerbslose, die länger als ein Jahr ohne Job sind, ins Hartz-IV-System abrutschen können. Zu den Betroffenen zählen zum Beispiel auch Hochschulabsolventen, die nach dem Studium noch keinen Job gefunden haben. Wer als Langzeitarbeitsloser eine Weiterbildung absolviert hat und danach trotzdem keinen Job findet, bekommt ebenfalls weiter Hartz IV, obwohl er wegen der Weiterbildung statistisch erst einmal nicht mehr zu den Langzeitarbeitslosen zählt.

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